Nächste Runde der Nahost-Gespräche

■ Bilaterale Verhandlungen in Washington/ Täglich Tote in Israel und den besetzten Gebieten

Tel Aviv/Washington/Damaskus (AFP/dap/taz) — Nach Israel und dem Libanon hat am Wochenende auch die syrische Regierung eine Einladung der USA zur nächsten Runde der bilateralen Nahostgespräche erhalten. Die Gespräche sollen am 24. August in Washington und nicht, wie zunächst geplant, in Rom beginnen. Die kommende Verhandlungsrunde wird mit Spannung erwartet, denn es ist die erste nach dem Regierungswechsel in Israel.

Von der neuen Mitte-Links-Regierung unter Ministerpräsident Jitzhak Rabin wird erheblich mehr Flexibilität erwartet, als von der früheren Likud-Regierung unter Jitzhak Schamir. Zu den ersten Amtshandlungen von Rabin gehörte denn auch ein teilweises Einschränken der Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten Westbank und Gazastreifen. Auf welchen Widerstand Rabin in der israelischen Gesellschaft bei der Umsetzung dieser Politik stoßen könnte, machen nicht nur verschiedene Proteste der Siedlerbewegung während der letzten beiden Wochen klar. Eine im Auftrag der Europäischen Gemeinschaft durchgeführte Umfrage zeigt, daß über die Hälfte der Israelis (55 Prozent) der Meinung sind, die besetzten Gebiete sollten auch dann unter israelischer Oberhoheit bleiben, wenn dies den Friedensprozeß behindere. Nur 33 Prozent sprachen sich für das Motto „Land für Frieden“ aus.

Politisch motivierte Attentate auf Palästinenser und Israelis und beinahe tägliche israelische Militäreinsätze in den besetzten Gebieten und im Libanon machen in diesen Tagen aber erneut klar, wie dringend eine Lösung des Nahostkonfliktes ist und wie zugespitzt die Konfliktlagen sind, mit denen sich die Nahostgespräche in den nächsten Monaten zu befassen haben.

Im Libanon hat sich die im besetzten Süden des Landes stationierte israelische Armee und die mit ihr kooperierende südlibanesische Armee nach wie vor auf die Fahnen geschrieben, die Milizen der libanesischen Hisbollah auf eigenen Faust zu vernichten. Ende letzter Woche bombardierte die israelische Luftwaffe erneut Stellungen der Gruppierung in der Nähe der Stadt Sidon nördlich des israelisch besetzten Südlibanon. Dabei wurden mindestens acht Libanesen verletzt. Mit insgesamt 29 Luftangriffen im Libanon tötete die israelische Armee in diesem Jahr nach übereinstimmenden Angaben 44 Menschen und verletzte 112. Es handelte sich mehrheitlich um Zivilisten.

Auch ein Ende der Konfrontation zwischen Israelis und Palästinensern in den besetzten Gebieten ist vorläufig nicht in Sicht. Beinahe täglich gibt es auf beiden Seiten Tote und Verletzte. Am Wochenende kam es im Gazastreifen zu Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Demonstranten aus dem Flüchtlingslager Dschabalia und israelischen Soldaten, in deren Verlauf zwei Araber angeschossen wurden. In der darauffolgenden Nacht verfolgten israelische Soldaten ein seit 1991 gesuchtes und offenbar bewaffnetes Mitglied der Fatah und erschossen den jungen Mann im Flüchtlingslager Khan-Junis. Der Palästinenser hatte zuvor das Feuer eröffnet und drei Soldaten verletzt. Einer von ihnen schwebe in Lebensgefahr, erklärte ein israelischer Militärsprecher. Der Konflikt zwischen der islamistischen „Hamas“ im Gazastreifen und Mitgliedern der PLO-Fraktion „Fatah“ ist seit Beginn der Nahostverhandlungen im Herbst letzten Jahres zu einem regelrechten Bürgerkrieg eskaliert. „Hamas“ wendet sich gegen jede Verständigung mit der israelischen Regierung, während die PLO Verhandlungen befürwortet. Die bisherige Erfolglosigkeit der Nahostgespräche hat die Gefolgschaft der Verhandlungsgegner unter den Palästinensern vergrößert. „Hamas“ hat sich auch durch zahlreiche Morde an vermeintlichen „Kollaborateuren“ traurige Berühmtheit verschafft. Am Samstag ließ der bewaffnete Arm der Organisation, „Ezzedin Kassem“, erklären, im Flüchtlinglager Khan-Junis den 34jährigen Abdel Rahman Farwan umgebracht zu haben. Vertreter der PLO-Fraktion „Volksfront zu Befreiung Palästinas“ (PFLP) bestritten, daß der Ermordete mit der israelischen Besatzungsmacht zusammengearbeitet habe. Im Gazastreifen wurden am Samstag die Leichen von vier in der vergangenen Woche verschleppten Palästinensern entdeckt. Weil auch sie angeblich mit den Besatzern zusammengearbeitet hatten, waren sie von maskierten Männern verschleppt worden.