DGB rügt Landesmediengesetz

■ Entwurf sei „Ausverkauf der kulturellen und der Minderheitenansprüche“

Eine „Kapitulation der Politiker vor der geballten Macht der privaten Medien“ und einen „Ausverkauf der kulturellen und der Minderheitenansprüche, wie sie gerade in Bremen immer hochgehalten wurden“, stellt der medienpolitische Arbeitskreis der IG Medien in dem Entwurf zu einem neuen Landesmediengesetz fest. Das im Frühjahr erarbeitete Gesetz ist der Bürgerschaft zur Beratung im Herbst zugeleitet worden. Wegen des Gesetzgebungsverfahrens ist die Ausschreibung der „5. Hörfunkfrequenz“, die in Bremen neben den vier Radio- Bremen-Programmen zu vergeben ist, verschoben worden. Im Landesmediengesetz wird geregelt, nach welchen Grundsätzen Hörfunk- und Fernsehfrequenzen vergeben werden.

In dem bisher geltenden Gesetz war festgeschrieben, daß „örtlichen Interessenten aus dem kulturellen Bereich“ eine „angemessene Beteiligung“ angeboten werden soll. In der Neufassung heißt es nur noch: „Die Landesmedienanstalt soll darauf hinwirken, daß vom Veranstalter auch Interessenten mit kulturellen Programmbeiträgen beteiligt werden.“ Alle privatwirtschaftlich betriebenen Sender haben derartige (teure) Beiträge in den letzten Jahren reduziert oder auch ganz aus dem Programm gestrichen. Die „Beteiligungs“-Klausel soll in dem neuen Bremer Mediengesetz entsprechend relativiert werden: „Ein Rechtsanspruch auf Beteiligung besteht nicht.“ Der DGB kritisiert das und schlägt vor, die alte Gesetzesformulierung zu übernehmen.

Unter dem Stichwort „Zulassungsvorrang“ regelt das Mediengesetz, welchen Bewerbern der „Vorrang“ eingeräumt werden soll. Im alten Gesetz war ein klarer Vorrang im Interesse örtlicher Produktion und lokaler Information festgeschrieben, ohne Monopolbildungen zuzulassen. Wenn eine Veranstaltergemeinschaft in einem „Redaktionsstatut“ den RedakteurInnen Mitspracherechte auf das Programm einräumen würde, sollte das ein positiver Gesichtspunkt sein.

In der neuen Gesetzesformulierung sollen solche Gesichtspunkte zweitrangig werden, kritisiert die IG Medien. Der DGB- Kreisvorstand hat sich ihren Argumenten angeschlossen.

Auch in einem anderen Punkt, den die IG Medien nicht angesprochen hat, weicht der neue Entwurf für das Landesmediengesetz deutlich von dem geltenden Recht ab. Um Monopolbildungen auf dem Medienmarkt entgegenzuwirken, schreibt das geltende Recht vor, daß „marktbeherrschende“ Tageszeitungsunternehmen nur 20 Prozent der Anteile halten können. Überhaupt nicht beteiligen darf sich ein Unternehmen, das auf ein anderes Programm im Sendegebiet „wesentlichen Einfluß“ ausüben kann. „Unwesentlich“, vermutet das Gesetz, gelte nur ein Anteil bis zu 5 Prozent. Die „Bremer Tageszeitungs-AG“ (Bretag) des Weserkurier hält 10 Prozent am Radio ffn und scheidet nach geltendem Recht also als Veranstalter eines anderen Fernseh- oder Hörfunkprogramms aus.

Das neue Gesetz soll die Lage gründlich verändern. „Marktbeherrschende“ Tageszeitungs-Unternehmen dürfen nicht mehr nur wie bisher 20 Prozent, sondern bis zu 25 Prozent Anteile an einer Veranstaltergemeinschaft haben. Ganz ausgeschlossen von der Zulassung soll nur ein Unternehmen sein, das an einem schon bestehenden Programm 50 Prozent oder mehr der Anteile hat. Die alte Klausel, so argumentieren die Rathaus-Juristen, habe den ihr 1989 zugedachten Sinn nicht erfüllen können, weil der Bretag mit ihren 10 Prozent ffn-Anteilen die Möglichkeit geblieben wäre, nachzuweisen, daß dieser Anteil keinen „erheblichen Einfluß“ erlaubt.

Die neue Klausel ist allerdings rein theoretisch, sie betrifft weder den Weser-Kurier noch die Nordseezeitung für Bremerhaven. K.W.

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