Zweiter Anlauf im Coop-Prozeß

Die 7 Manager des Ex-Handelsriesen stehen wieder wegen Untreue und Betrugs vor Gericht/ Verteidiger fordern Ablösung des Staatsanwalts/ Prozeß soll 2 Jahre dauern  ■ Aus Frankfurt Heide Platen

Murphys Gesetz gilt auch im Frankfurter Gerichtssaal. Ein Schöffe verspätete sich kräftig, die Uhr stand schon am Morgen auf zwölf. Und auch sonst ging alles erwartungsgemäß seinen schleppenden Gang bei der Neuauflage des größten deutschen Wirtschaftsprozesses. Das Verfahren gegen die sieben Manager des ehemaligen gewerkschaftseigenen coop-Konzerns, darunter Alfons Lappas und Bernd Otto, wegen Betrugs, Untreue in Millionenhöhe und Bilanzfälschung war im März dieses Jahres von der 2. Wirtschaftskammer des Landgerichts abgebrochen worden, weil die Verteidigung fehlende Akten und fehlende Zeit zu deren Studium monierte. Der zweite Anlauf begann wieder mit einer Reihe von Besetzungsrügen und einem Befangenheitsantrag gegen Staatsanwalt Klune.

Die 15 VerteidigerInnen verpaßten Klune eine interpretierbare Ohrfeige. Die Anklageschrift weise deutliche Parallen zu den Berichten einer coop-Anwaltskanzlei aus und unterscheide sich andererseits eklatant von den Ermittlungsergebnissen des Bundeskriminalamtes. Außerdem sei die Verhaftung von fünf der sieben Angeklagten im November 1989 auffällig spektakulär genau einen Tag vor der Hauptversammlung der 150.000 Kleinaktionäre erfolgt. Damit habe möglicherweise aufkeimender Widerstand gegen die geforderte „Selbstenteignung“ der Aktionäre termingerecht gebrochen werden sollen.

Die Staatsanwaltschaft wies den Vorwurf, ihre Anklage bei der durch die Angeklagten geschädigten Firma abgeschrieben zu haben, ebenso zurück wie die unterstellte Gehilfenrolle bei der Disziplinierung verschreckter Aktionäre. Klune: „Es gab keine Zusammenarbeit.“ Außerdem sah er sich als Opfer zweier privater Fernsehsender, die seine Äußerungen zu dem Fall „völlig verstümmelt“ wiedergegeben hätten.

Zuvor war die Besetzung des Gerichtes von der Verteidigung ausgiebig gerügt worden. Sie bemängelte vor allem die Freistellung zweier turnusmäßig vorgesehener Schöffen. Einem Bahnangestellten und einer Lehrerin war es gelungen, dem Ehrenamt zu entkommen. Da Beobachter mit einer Prozeßdauer von rund zwei Jahren rechnen, ein verständliches, aber so nicht rechtmäßiges Anliegen, so die Verteidigung. Mutmaßungen einiger Fachjournalisten, die Ermittlungen hätten die von den Angeklagten veruntreute Summe inzwischen von 30 auf runde 100 Millionen Mark anwachsen lassen, erhellten sich vorerst nicht. Verteidiger Kolbach forderte vergeblich: „Ich will wissen, was da dran ist!“ Neues Beweismaterial könnte zu einer neuen Unterbrechung des Verfahrens führen. Solange bereitet der Prozeß um die Verschachtelungen, Verflechtungen und dubiosen Finanztransaktionen des Handelsriesen nicht nur den Angeklagten Sorgen. Die gewerkschaftliche Dachgesellschaft BGAG ließ vorsorglich erklären, daß sie „Verknüpfungen jedweder Art“ ihres Hauses mit dem Verfahren als „haltlos“ zurückweise. Am Nachmittag konnte das Gericht dann endlich mit der Verlesung der Anklage beginnen.