Reizvoll wie Parfümverpackungen

■ „Heißes Erbe Las Vegas“, dreiteilige Seifen-Operette, heute, ARD, 20.15 Uhr

Das sogenannte „Denver-Biest“ Joan Collins hat eine Schwester, Jackie, die in der Lage ist, eine Schreibmaschine zu bedienen. Ergebnis dieses Mißbrauchs ist ein Drehbuch mit dem Titel „Heißes Erbe Las Vegas“ (Lucky Chances), eine Zusammenfassung zweier ihrer Bestseller-Romane. Herausgekommen ist eine Big-Business-Seifenoper nach dem Motto „Wie alles anfing“.

Natürlich wissen wir, daß der amerikanische Millionär die ersten sieben Stellen vor dem Komma beim Reinigen von Kochgeschirr und Eßbesteck verdiente. Um so interessanter ist es, wenn wir das Ganze noch einmal erfahren. Zumal wir ja wissen, daß das Beispiel vom Tellerwäscher nur metaphorischen Gehalt hat, weil in Amerika in Wahrheit gar nicht so viele Küchen existieren, um alle Millionäre auszubilden. Fakt ist jedoch, daß diese Arbeit so beschwerlich ist, daß jeder Millionär gleich nach dem ersten Tag in einen tiefen Schlaf fällt, aus dem er nicht mehr aufwacht.

Glücklicherweise verfügen wir über das Medium der Seifenoper, mit dem wir uns in des Tellerwäschers Traum einblenden, der american dream heißt: Zwei Freunde und kleinkriminelle Geschäftspartner, der heilige Engel Gino Santangelo (Vincent Irrizarry) und der finstere Schurke Enzio Bonnetti (Michael Nader), zerstreiten sich, weil letzterer ins Drogengeschäft einsteigen will. Hochnäsig verschmäht der heilige Gino die Heroin-Millionen, um mit Glücksspiel ein noch viel größeres Vermögen zu scheffeln. Bonnetti ist eifersüchtig auf das „sauber“ verdiente Geld und setzt alles daran, seinem Ex-Partner das Leben zu versauern. Ein ums andere Mal gelingt es dem Verbrecher, über verschlungene Geschäftspfade Teilhaber an Satangelos strahlenden Prestigeprojekten zu werden, wobei er heimlich dessen Frau und dessen beste Freunde erschießen läßt.

Besetzt ist dieses Money-Melodram um den ergreifenden Kampf zwischen gutem und bösem Kapital mit bekannten Seifenoper-Gesichtern. Neben Michael „Denver“ Nader agieren Nicolette Sheridan („Unter der Sonne Kaliforniens“) und Eric Breaden („California Clan“). Zu sehen sind ferner jede Menge brillantkollierbehangene Ausschnitte und Rolls-Royces, die in dem Moment, da sie im Bild erscheinen, gerade vom Chauffeur gewienert werden. Die Sets sind akurat durchgestylt wie Tortenstücke. Auf reizlose Weise reizvoll wie eine Parfümverpackung. Da die Handlung sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt, werden die jeweiligen Zeitbezüge demonstrativ signalisiert, je nachdem, ob das Privatflugzeug noch mit Propellern oder schon mit Düsen angetrieben wird. Andererseits ist die Geschichte über Aufsteiger, Absahner und Arschlöcher vollkommen zeitlos: Als er von einer reichen, gönnerhaften upper class-Nymphomanin angelernt wird, sieht der blutjunge Italo-Stier Gino Santangelo schon reichlich alt und vom Leben gezeichnet aus. 30 Jahre später erscheint einem derselbe Gino mit ein paar grauen Strähnen im Haar fast noch jünger. Altwerden ist schlimmer als sterben. In „Heißes Erbe Las Vegas“ werden zwar jede Menge sympathischer Figuren hinterrücks abgeknallt. Aber die bleiben dafür jung in Erinnerung. Langatmige Nebenhandlungen strecken die NBC-Produktion von 1990 indes auf drei Eineinhalbstünder.

Erwähnenswert sei allenfalls noch der Versuch, das Ganze als Emanzipationsstory zu verkaufen, indem sich eine Frau als die bessere Kapitalistin erweist. Doch ob ein mafiotisches Glücksspiel-Imperium die Leute mit einer Frau oder einem Mann an der Spitze ausbeutet, bleibt sich gleich. Viva Las Vegas! Manfred Riepe