Rückschlag für die Frauen

Hamburger Stimmen zum Stopp des  ■ Abtreibungsparagraphen

Verärgert und enttäuscht reagierten gestern viele Hamburgerinnen auf den Stopp des neuen Abtreibungsparagraphen 218 durch das Bundesverfassungsgericht. Die psychologische Wirkung auf die Frauen sei bedenklich, kommentierte Hamburgs Justizsenatorin Lore Peschel-Gutzeit. Von einem Rückschlag sprach SPD-Bundestagsabgeordnete Marliese Dobberthien, und Frauensenatorin Traute Müller bezeichnete es als „fragwürdige Entwicklung“, daß in Deutschland die Justiz die Politik lenke.

„Ich erwarte, daß die Richter bei ihrer endgültigen Entscheidung im Herbst der Lebenswirklichkeit der Frauen gerecht werden und die neue Abtreibungsregelung in Kraft treten lassen“, so die Senatorin weiter. Noch schärfere Töne schlägt indes Elke Kügler an, Psychologin bei der Beratungsstelle Pro-Familia: „Der Paragraph 218 muß aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Solange er dort verankert ist, werden immer Gerichte eingeschaltet werden.“

Während die neue Regelung in puncto Abtreibung jetzt in den Schubladen der Karlsruher Richter schmort, tritt ein Teil dennoch in Kraft — das soziale Maßnahmen- Bündel. Danach müssen die Länder künftig ein bedarfsgerechtes Angebot an Kinderbetreuungsplätzen bereitstellen. Außerdem werden Schwangere und Mütter bei der Arbeitsförderung, bei der Wohnungssuche und bei der Sozialhilfe künftig besser gestellt werden. Besonders großes Kopfzerbrechen bereitet den Ländern die Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen, denn dafür werden Investitionen im großen Stil notwendig sein.

Schleswig-Holstein überlegt derzeit, Vorschulklassen in Kindergärten umzuwandeln. Solche Pläne gebe es für Hamburg nicht, so Ulrich Vieluf, Sprecher der Schulbehörde. In der Hansestadt werde zunächst eine Umfrage gestartet, um den tatsächlichen Bedarf an Betreuungsplätzen zu erheben. Sigrun Nickel