Bei STATTAUTO teilen sich 12 Leute ein Mobil

■ In dem vor zwei Jahren gegründeten Verein teilen sich heute 750 Mitglieder 65 Autos/ Abstimmung der Benutzer erfolgt per Computer/ Probleme gibt es bei Parkplätzen/ Kein Modell für Vielfahrer

Berlin. Die rund 35 Millionen Autos in Deutschland werden maximal eine Stunde pro Tag — im Durchschnitt — bewegt. Die Brüder Petersen aus Kreuzberg dachten daher über eine »intelligentere Variante« nach. Was die drei vor vier Jahren für sich und ein paar Freunde in kleinem Stil mit einem Anrufbeantworter organisierten, hat nun Dimensionen angenommen. Vor zwei Jahren gründete sich der Verein STATTAUTO e.V., in dem sich heute 750 Leute 65 Autos oder rund 12 Personen einen fahrbaren Untersatz teilen.

Die Idee, daß mehrere Personen ein Auto nutzen, ist nicht neu, so Carsten Petersen, Geschäftsführer der Car-Sharing GmbH. Das fängt in der Familie an, wenn sich Vater und Mutter am Frühstückstisch über das Auto einigen — bei STATTAUTO tun dies Wildfremde. Die Abstimmung erfolgt per Computer, der sämtliche Bestellungen koordiniert. Dreizehnmal in der Berliner City — die 14. Station wird gerade in Mitte am Engeldamm/Ecke Adalbert-Straße eingerichtet — ist der Verein mit seinen Autos vertreten. In einem Tresor liegen Papiere und Autoschlüssel, an die aber nur Besitzer der Mobilcard herankommen. Beim Einschieben der Karte wird die Nummer des Teilnehmers registriert, erst dann läßt sich das Schloß öffnen. Schwarzfahrer — das sind bei STATTAUTO jene, die ihren Fahrzeitwunsch in der Zentrale nicht anmelden — haben dadurch keine Chance. Insgesamt, so das Urteil des Chefs, sind die STATTAUTO-Fahrer sehr fair untereinander.

Übrigens haben 65 Prozent von ihnen einen Hochschulabschluß, was nach Meinung von Petersen »für Car- Sharing als intelligente Lösung« spricht. Das berufliche Spektrum der STATTAUTO-Fahrer geht vom Gärtner bis zum Richter. Das in Berlin einmalige Unternehmen ist zudem sozusagen wissenschaftlich unterlegt: Markus Petersen schrieb seine Diplomarbeit im Fach Betriebswirtschaft zur Entprivatisierung des Autos. »Ohne diese fundierte theoretische Begleitung wäre das Car-Sharing wohl eine Nachbarschaftsinitiative geblieben«, fürchtet Petersen. Rund 60 ähnliche Fahrgemeinschaften gibt es derzeit in Deutschland.

Problematisch für die Car- Sharing GmbH ist es, geeignete Parkplätze zu verträglichen Preisen zu finden. »Bisher kamen uns da lediglich die evangelische Kirche und der Bezirk Tiergarten entgegen. Insgesamt tun sich die Behörden damit schwer.« Als nächsten Standort haben die »Autoteiler« eine Fläche im Bezirk Friedrichshain im Visier, so Petersen. Denn auch im Ostteil der Stadt steige das Interesse.

Für 100 Mark kann bei STATTAUTO jeder Mitglied werden. Hinzu kommt eine Einlage von 1.000 Mark, die aber bei Austritt zurückerstattet werden. Von diesem Kapital werden Versicherung und Wartung der Fahrzeuge sowie Neuanschaffungen bestritten. Monatlich hat jedes Mitglied 10 Mark zu zahlen. Wählen kann man zwischen Opel Corsa, Opel Astra und einem Kleinbus. Demnächst sollen zwei solar versorgte Elektromobile angeschafft werden. Alle Fahrzeuge sind nicht älter als zwei Jahre und vollkaskoversichert. Der Stundentarif am Tag liegt bei 4 Mark und in der Nacht von 0 bis 8 Uhr ist ein Pauschalbeitrag von 8 Mark zu leisten, für Frauen ist diese gefährliche Zeitspanne kostenlos. »Wir bleiben mit unserem Preis nur wenig unter den üblichen Tarifen bei Mietauto-Anbietern«, räumt der 37jährige Geschäftsführer ein. Das liege an der beabsichtigten geringen Auslastung der Autos, denn den STATTAUTO-Teilnehmern soll mit 99prozentiger Sicherheit garantiert werden, daß sie zur gewünschten Zeit auch wirklich ein Auto haben können. Insgesamt arbeite die GmbH nicht gewinnorientiert. Gewinne machen nur die »Autoteiler«, rechnet Petersen vor. Ein privater Kleinwagen koste bei einer Kilometerleistung von 15.000 km 9.300 Mark, ein STATTAUTO-Chauffeur bekäme nur eine Rechnung über 7.200 Mark. Allerdings lohne sich das STATTAUTO-Fahren für Leute, die jeden Tag zur Arbeit fahren müssen, nicht. »Eine durchschnittliche Jahresrechnung bei uns liegt bei 1.500 Mark.« Carsten Petersen ist sich sicher, daß »in 30 Jahren über Privatauto-Besitzer gelächelt wird, wie heute über Manta-Fahrer«. Marion Schierz (ADN)