: »Jeden von uns hätte es treffen können«
■ Berliner Taxifahrer trauern um ermordeten Kollegen/ Korso vom 17. Juni bis zum Friedhof Friedrichsfelde
Berlin. Mit einem Trauerzug haben gestern 740 Berliner Taxifahrer ihres ermordeten Kollegen Uwe Bischof gedacht. Der Taxikonvoi startete um 14 Uhr an der Straße des 17. Juni und führte über Alexanderplatz und Strausberger Platz zum Zentralfriedhof Friedrichsfelde. Dort wurde Uwe Bischof am selben Tag beerdigt. Der 35jährige Vater dreier Kinder war am 10. Juli mit einem Kopfschuß in seinem Auto im Kreis Bernau aufgefunden worden und kurz darauf an seinen Verletzungen gestorben.
Der Zug der Taxis, die mit Trauerfloren geschmückt waren, reichte zeitweise vom Strausberger Platz bis zum Brandenburger Tor. Obwohl der kilometerlange Korso einige Staus verursachte, »kam es zu keinen gravierenden Verkehrsbeeinträchtigungen«, sagte Wolfgang Lausch vom Lagedienst der Polizei. Um 15.15 Uhr erreichten die ersten Wagen den Platz vor dem Friedhof. Hier zogen die Taxis eine Schleife und kehrten dann zu ihrer Arbeit zurück. »Über Geld hat keiner geredet«, betont der Pankower Taxiunternehmer Manfred Klewer. Es sei selbstverständlich, daß Unternehmer ihre Fahrzeuge zur Verfügung gestellt und die Fahrer auf den Verdienst verzichtet hätten.
»Es haben wirklich sehr viele mitgemacht, alle größeren Taxistände auf der Strecke waren leer«, sagt Manfred Klewer stolz. Zwischen zwei und halb vier müsse es schwierig gewesen sein, in Berlin ein Taxi zu bekommen. Aber dafür hätten die Fahrgäste schon Verständnis, meint Klewer: »Da haben sie jedenfalls wieder zwei Tage was zum Reden.«
Überraschend gut war die Stimmung zwischen Ost- und Westberliner Taxifahrern. Kurz nach Uwe Bischofs Tod hatte es Unstimmigkeiten gegeben, weil die Fahrer aus dem ehemaligen Ostteil drei Tage lang Trauerflore an ihren Wagen trugen, während ihre Kollegen aus dem Westteil größtenteils darauf verzichtet hatten. »Heute waren aber Osten und Westen beide gut vertreten, und alle Fahrer fühlen sich auch gleich stark betroffen«, sagt Horst Alex, zweiter Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes.
In diesem Jahr gab es bereits 35 Überfälle auf Berliner Taxifahrer. »Jeder von uns hätte es sein können«, meint Alex. »Wir trauern um unseren Kollegen, gleichzeitig ist jeder aber auch dankbar, daß es nicht ihn getroffen hat.« Zwar hält die Innung Selbstverteidigungskurse für Taxifahrer ab, doch »wenn einer mit einer Pistole hinter einem sitzt, nützt das auch nichts«, sagte Alex. Immerhin würde der Trauerzug seine Kollegen vielleicht dazu bewegen, sich ihre Fahrgäste vor der Fahrt genauer anzusehen. Miriam Hoffmeyer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen