Die Kapriolen der Johnsons

■ Michael und Dave Johnson sorgen für Gesprächsstoff bei den Leichtathleten/ Silber für den Schweriner Diskuswerfer Jürgen Schult/ Quincy Watts gewinnt die 400 Meter

Barcelona (dpa/taz) — Nicht die Entscheidungen waren es, die am Mittwoch bei den Leichtathletik- Wettbewerben im Olympiastadion am Montjuic das meiste Aufsehen erregten, sondern die Kapriolen der beiden Herren Johnson aus den USA. Zuerst betätigte sich Zehnkämpfer Dave Johnson, vor Barcelona mit 8.727 Punkten Inhaber der Jahresweltbestleistung, als verhinderter Hingsen. Während der Deutsche in Seoul gleich zu Beginn drei Fehlstarts beim 100-Meter-Lauf hingelegt hatte und disqualifiziert wurde, ließ sich Johnson Zeit bis zum Kugelstoßen. Nach zwei ungültigen Versuchen hob der zuständige Kampfrichter auch beim dritten die rote Fahne: Johnson sei auf die Ringbegrenzung getreten. Der stritt dies ab, der Oberkampfrichter gab ihm recht und zum Erstaunen der übrigen Athleten einen vierten Versuch, mit dem dieser prompt eine persönliche Bestleistung erzielte.

Weniger Glück als sein Namensvetter hatte Michael Johnson, der die 200-Meter-Strecke in den letzten zwei Jahren nach Belieben beherrscht und nur ein einziges Rennen verloren hatte. Im Semifinale von Barcelona wurde er sensationell nur Sechster. Johnson führte sein Scheitern darauf zurück, daß er in den vergangenen Wochen unter Fieber und Durchfall gelitten habe. „Ich fühlte mich nicht wie Michael Johnson.“

Die letzte Hürde wurde im Halbfinale des 400-m-Hürdenlaufs Weltmeister Samuel Matete aus Sambia zum Verhängnis. Scheinbar sicher im Endlauf, ließ er die Konzentration vermissen, trat die Hürde eines Gegners auf der Bahn neben ihm um und wurde darob disqualifiziert.

„Jetzt kann ich mich voll auf den Weltrekord konzentrieren“, sagte der Amerikaner Quincy Watts nach seiner eindrucksvollen Vorstellung über 400 Meter. Mit 43,50 Sekunden holte er sich den Olympiasieg vor Seoul-Sieger Steve Lewis (USA/44,21) und Samson Kitur (Kenia/44,24). Der 22jährige Watts lief die zweitschnellste jemals erreichte Zeit nach dem Weltrekord (43,29) von Butch Reynolds. Auch bei den Frauen gab es durch Weltmeisterin Marie-Jose Perec (Frankreich) mit 48,83 Sekunden eine überragende Saisonbestzeit. Sie verwies die Olympiasiegerin von 1988, Olga Brysgina (GUS/49,05), und die Kolumbianerin Ximena Restrepo (49,64) auf die nächsten Plätze.

Die Amerikanerin Sandra Farmer-Patrick verlor wieder im wichtigsten Rennen. Mit 53,69 Sekunden hatte sie über 400 Meter Hürden keine Chance gegen Sally Gunnell aus Großbritannien. Den 800-m-Lauf machten wie erwartet die Kenianer unter sich aus. Der Büroangestellte William Tanui siegte knapp vor einem Soldaten mit unappetitlichem Vornamen: Nixon Kiprotich. Der 32jährige Jürgen Schult aus Schwerin gewann nach dem Olympiasieg 1988 nun Silber hinter dem Litauer Romas Ubartas, Schult lag mit seinem fünften Versuch von 64,94m sogar in Führung, ehe ihn Ubartas (65,12) noch übertraf.