Riesige Ölpest am Amazonas

■ In Ecuador treibt ein 60 Kilometer langer Ölteppich/ Auch peruanische Amazonas-Region bedroht/ Gewaltige Schäden für das Regenwald-Ökosystem/ Pläne für Ölförderung im Yasuni-Nationalpark

Quito/Berlin (AFP/taz) — Im Amazonasgebiet breitet sich eine gewaltige Ölpest aus. Mehr als 5.000 Barrel Öl, die aus einer defekten Förderanlage im östlichen Ecuador stammen, haben sich in den Rio Napo, einen Nebenfluß des Amazonas, ergossen. Der 60 Kilometer lange und einen Kilometer breite Ölteppich bewege sich mit einer Geschwindigkeit von zehn Stundenkilometern vorwärts, berichtete die italienische Journalistin Luciano Mecarozzi in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Inzwischen sei die Ölpest bereits nach Peru vorgedrungen, in wenigen Tagen werde sie auch Brasilien erreichen. Das Ökosystem der Zone sei massiv bedroht, Fische und Vögel verenden. Aber auch die Existenz von Indianern und Siedlern, die sich aus dem Rio Napo mit Wasser versorgen, ist gefährdet.

Die ecuadorianische Regierung hatte zunächst von einem nur kleineren Zwischenfall gesprochen, am Dienstag jedoch die Umweltkatastrophe bestätigt. Nach Angaben eines Vorstandsmitglieds der staatlichen Ölgesellschaft Petroecuador traten bei dem Vorfall am 26.Juli jedoch nur 3.000 Barrel Öl aus, von denen 2.500 in ein Auffangbecken geflossen seien. Die restlichen 500 Barrel seien in einen kleinen Nebenfluß des Rio Napo geströmt.

Die Ölgesellschaft führte den Unfall auf menschliches Versagen zurück. Die Anlagen seien mit hochentwickelten elektronischen Warnanlagen ausgerüstet, die jedes Leck sofort anzeigten. Die staatliche Ölgesellschaft ist die Nachfolgerin des US-Ölmultis Texaco. Texaco hatte in den sechziger Jahren mit der Ölförderung in dem lateinamerikanischen Land begonnen und sich einen Ruf für den rücksichtslosen Umgang mit der Natur erworben. In dem Amazonasgebiet hat es in der Zeit rund 30 Lecks gegeben, bei denen insgesamt 63,6 Millionen Liter Erdöl ausliefen, eineinhalbmal so viel wie bei dem Tankerunglück in Alaska. Petroecuador kündigte jetzt Entschädigungen für die betroffene Indianerbevölkerung an.

Der Unfall ist besonders brisant, weil im Yasuni Nationalpark am Rio Napo eine höchst umstrittene Erdölförderung aufgenommen werden soll. Ursprünglich hatte sich der US- Konzern Conoco für die Förderung interessiert, sagte Reinhard Behrend von „Rettet den Regenwald“ der taz. Nach massiven internationalen Protesten habe der Konzern einen Rückzieher gemacht. Jetzt will die US- Firma Maxus im Nationalpark Öl für eine Milliarde Dollar fördern.

Das Nachbarland Peru reagierte alarmiert auf die Nachrichten von der Ölpest. Mehr als 20 Siedlungen entlang des Rio Napo könnten der Katastrophe zum Opfer fallen, wenn es nicht gelinge, den Ölteppich zu stoppen. Das Gebiet des Rio Napo umfaßt 106.679 Quadratkilometer, wovon knapp die Hälfte zu Peru gehören. ten