Alles Banane!

■ Wenn Deutschland nicht regiert wird, Folge 1: Hinterbänkler kämpfen für unsere liebste Frucht

Bonn (taz) — Es soll Leute geben, die sich nicht mit der deutschen Einheit abfinden können. Diese Menschen sind es wohl auch, die das bösartige Gerücht in die Welt gesetzt haben, die Ossis hätten die Revolution nur gemacht, um endlich so viele Bananen essen zu können, wie sie lustig sind. Einer dieser Provokateure war Otto Schily. Als der damals noch bei den Grünen aktive Politiker nach der Volkskammerwahl im März 1990 gefragt wurde, wie er sich das unglaublich gute Abschneiden der CDU erkläre, zog der mittlerweile zum Sozialdemokraten mutierte Rechtsanwalt eine Banane aus seinem Zweireiher.

Der Deutsche liebt seine Banane. Hätten die Russen 1945 das Brandenburger Tor geschleift, die grüngelbe Frucht wäre heute das Symbol der überwundenen Teilung der Nation. In Gesamtdeutschland werden jährlich 1,4 Millionen Tonnen vertilgt, fast die Hälfte der Bananenmenge, die jährlich nach Westeuropa eingeführt wird. Die Banane ist nahrhaft und intelligent verpackt. Das beste an der Banane in Deutschland aber ist ihr Preis. Da die Staude kaum mehr als drei Mark kostet, kommt sie in München und in Rostock auf den Obstteller. Die Frage, warum sie krumm sei, kann endlich beantwortet werden: weil die Banane uns Ost- und Westdeutsche verbindet.

Die identitätsstiftende Wirkung der Bananen für Deutschland kann jedoch jäh unterbrochen werden, wenn die Pläne einiger verantwortungsloser EG-Bürokraten Wirklichkeit werden. Denn während Helmut Kohl am Wolfgangsee entschlackt und die Führungsriege der SPD in der Toskana ahnungslos Espresso schlürft, wollen die Länder, die schon immer gegen die Wiedervereinigung waren — Spanien, Frankreich, Griechenland und Portugal — eine unverantwortliche Politik durchsetzen. Diese Länder verfolgen rücksichtslos eigenene Interessen: Auf Gran Canaria, in Übersee, auf Kreta und Madeira betreiben sie eigene Plantagen. Bananen aus Südamerika — da kommen unsere her — werden von diesen Staaten mit hohen Einfuhrzöllen belegt. Die Einfuhr dieser „Dollar-Bananen“ soll außerdem reglementiert werden. Wenn nicht schnell etwas geschieht, wird die neue Bananenordnung auf ganz Europa ausgedehnt. Auf deutsch: Nix Chiquita, alles Banane.

Mutige Männer in Bonn haben das erkannt. Sie kennen keine Parteien mehr, sie kennen nur noch — na, Sie wissen schon. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Wissmann erinnerte an den Stammvater aller Bananenfreunde in Deutschland, Konrad Adenauer. Der rheinische Fuchs handelte in den 50er Jahren ein Bananenprotokoll bei der Gründung der EWG heraus. Seitdem kann Deutschland die Früchte zollfrei einführen. Der FDP-Abgeordnete Burkhard Zurheide warnt: „Man kann die große Idee eines Vereinigten Europa durch solche Fehlentscheidungen zerstören.“ Und der Sozialdemokrat Albert Pfuhl gibt zu bedenken: Wird der Export von Bananen behindert, steigt in den Herkunftsländern der Anbau von Mohn oder Koka wieder an. Auch das Vorstandsmitglied der Grünen, Helmut Lippelt, hat sich in die Bananenfront eingereiht: „Wir sind strikt gegen jede Einbeziehung von Bananen in EG-Protektionismus.“

Da sage noch einer, im August säßen in Bonn nur Bananenbieger in ihren Büros. Claus Christian Malzahn