Kein Kondom auf Krankenschein?
■ Unklarheit im Abtreibungsrecht/ Gesundheitsministerium: Nicht vorgesehen/ Krankenkassen prüfen noch
Berlin (taz) — Kondome auf Krankenschein? Diese Frage quälte gestern ExpertInnen des Bundesgesundheitsministeriums. Denn nachdem Karlsruhe die sozialpolitschen Maßnahmen zum neuen Abtreibungsrecht passieren ließ, haben Jugendliche unter 20 Jahren seit Mittwoch Anspruch auf kostenlose Verhütungsmittel, „soweit sie ärztlich verordnet werden“.
Doch welche Verhütungsmittel damit gemeint sind, darüber herrschte allgemeine Verwirrung. Nach Auskunft von Regina Kissmann, Pressesprecherin des Verbands der Angestellten-Krankenkassen, fallen unter die neue Regelung Pille, Spirale und Diaphragma. Junge Frauen, die nicht älter als 19 Jahre sind, können sich von Ärztin oder Arzt also seit vorgestern ihr Verhütungsmittel verschreiben lassen. Doch was ist mit dem Kondom? Wie aber steht es um das einzige Verhütungsmittel des männlichen Geschlechts?
Nach Auskunft des Bundesministerium für Gesundheit werden Kondome von der neuen Regelung nicht erfaßt.
Dagegen sagte der zuständige Referent beim Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Harald Kesselheim: „Wir würden es gerne sehen, wenn auch das Kondom kostenlos an Jugendliche abgegeben wird.“ Vor allem hinsichtlich der Aids-Prophylaxe hielt er eine Vergabe für sinnvoll. Junge Frauen sollten sich darüber hinaus nicht schon in allzu jungen Jahren an die Pille gewöhnen. Eine endgültige Klärung der Frage versprach sich Kesselheim vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen, die in Kürze über entsprechende Richtlinien verhandeln wollen.
Allein für die kostenlose Abgabe der Anti-Baby-Pille rechnet der Bundesverband der AOK mit Kosten in Höhe von 150 Millionen Mark. Hinzu kommen nun noch die Kosten für Diaphragma, Spirale oder Kondom. Im Saarländischen Rundfunk erklärte ein Sprecher der AOK, bei einem Gesamtleistungsaufwand der AOK von rund 81 Milliarden Mark mache die Vergabe der Verhütungsmittel „keinen wesentlichen Kostenfaktor“ aus. flo
