Mit Churchill, Ted und Torpedos

■ Heißer Samstag: Das Bremer „Viertel“ im Kleinkrieg um die Verkehrspolitik

Dem Viertel steht ein heißer Samstag bevor, und das nicht nur wegen Michael im Stadion und der subtropischen Wochenendtemperaturen. Heute werden die Passanten zwischen Goethetheater und Lüneburger Straße mit Informationen von allen Seiten überschüttet. Die KaufleuteInitiative „Lebendiges Viertel“ zieht gegen, die Grünen, die SPD und die Wählergemeinschaft Wir im Viertel gemeinsam für die Sperrung des Ostertorsteinwegs und Vor dem Steintor auf die Straße. Unterstützt werden die PolitikerInnen durch ein gemeinsames Flugblatt von BUND und VCD.

Mittlerweile gerät der Streit um die Verkehrsberuhigung im Viertel verbal zum Kleinkrieg. „Die Kaufleute machen wieder mobil“, heißt es in einer Presserklärung der SPD Altstadt, um die Verkehrsberuhigung zu „torpedieren“. Heinz Baetzner, Autohausbesitzer und Mitglied in der Interessengemeinschaft Steintor, ist in einem Brief an den BUND gar in längst vergangene Zeiten abgerutscht: „Mit einer Statistik läßt sich alles beweisen und auch bestreiten, sagte schon Hitlers großer Gegenspieler Churchill“, schrieb er den Umweltschützern, die ihm Umfragemehrheiten für Verkehrsberuhigung vorgehalten hatten.

Die Kaufleute wollen heute 20.000 Flugblätter unter das Volk bringen, auf denen sie für eine Telefonaktion am Sonntag werben: Über Wohl und Wehe des automobilen Viertelbesuchers soll der Ted entscheiden. Wer laut Flugblatt für eine „generelle Sperrung mit Wegfall der Parkplätze und Durchgangsverkehr in den Nebenstraßen“ sei, der könne ebenso seine Stimme abgeben, wie der Befürworter eines „verkehrsberuhigten Straßenzuges mit viel Platz für Fahrradfahrer und ruhigen Nebenstraßen“.

Diese Aktion bringt die Umweltschutzverbände und die ViertelpolitikerInnen gleichermaßen in Brass. „Uns reicht's!“, steht fettgedruckt auf dem Gegenflugblatt der Grünen, der SPD und Wir Im Viertel. Die Kaufleute würden mit ihrer Aktion „Täuschung und Meinungsmanipulation“ bereiben. „Mit dem Ted kann man vielleicht den Wunschfilm der Woche bestimmen, aber nicht Verkehrspolitik betreiben“, meinte Malte Göpel vom VCD. Gemeinsam mit dem BUND legte der VCD gestern eine Stichprobenumfrage vor, nach der nur 19 Prozent der befragten Passanten mit dem Auto oder Motorrad ins Viertel gekommen waren.

Ob Ted viele Anrufe bekommen hat und wie die Abstimmung ausgegangen ist, das wollen die OrganisatorInnen am Mittwoch in einer Pressekonferenz bekanntgeben. Wieviele dabei dem Telefontip der ViertelpolitikerInnen folgen, das wird vermutlich im Dunkeln bleiben. In deren Flugblatt heißt es: „Pfeifen Sie auf den Ted — rufen Sie den Bürgermeister an oder die Handelskammer.“ J.G.