Großdemonstration gegen Siedlungspolitik

Tel Aviv (taz) — Unmittelbar vor dem Abflug von Ministerpräsident Rabin nach New York protestierten in Jerusalem ungefähr zehntausend jüdische Siedler und ihre israelischen Anhänger gegen erste Ansätze einer neuen Siedlungspolitik. Rabin hatte damit US-amerikanischen Forderungen entsprochen, die in Washington als Voraussetzung für eine 10-Milliarden-Dollar-Bürgschaft genannt worden waren. Details dieser Entwicklung stehen im Mittelpunkt der Gespräche, die Präsident Bush mit Premierminister Rabin am kommenden Montag und Dienstag führen wird.

Bei der Jerusalemer Protestversammlung warnte der Führer der rechtsextremen Moledet Partei, Rehavam Zeevi, vor den angeblichen Tendenzen der Regierung, die jüdischen Siedler in den besetzten Gebieten „zu erwürgen, ihnen die Luft abzuschnüren“. Dagegen müsse sich das Volk erheben. Likud-Führer Ariel Scharon verglich die neue Regierungspolitik mit den verhaßten Methoden der britischen Mandatsmacht (vor der Staatsgründung), zur Beschränkung der jüdischen Einwanderung nach Palästina. Scharon behauptete, die Rabin-Regierung spiele nur den amerikanischen und arabischen Interessen in die Hände.

Die Jerusalemer Demonstration wurde von der zentralen Siedlerorganisation am Westufer initiiert. Die Polizei hatte eine Demo von 800 Menschen bewilligt. In Wirklichkeit kamen an die 10.000 und brachten den Verkehr im Jerusalemer Stadtzentrum zum Stillstand. Israelische Regierungskreise sagen voraus, daß Präsident Bush während des Rabin- Besuchs in Amerika die israelische Bitte um Kreditgarantien in der Höhe von 10 Milliarden Dollar im Prinzip erfüllen wird, wenn auch Einzelheiten des Abkommens darüber noch auszuarbeiten sind und die Bewilligung des amerikanischen Kongresses erst später gegeben werden kann.

Gleichzeitig soll Rabin bei dieser Gelegenheit „ein für Israel wertvolles Packet amerikanischen Sicherheitsgarantien“ von Präsident Bush empfangen. Israel bemüht sich um ein neues vertragsähnliches „Memorandum of Understanding“ über weitere strategische Zusammenarbeit gegen radikale Bestrebungen in Nahostländern sowie um amerikanische Garantien zur Aufrechterhaltung der „qualitativen israelischen militärischen Überlegenheit“ über alle arabischen Militärmächte des Nahostens. Israel hofft, eine größere Summe als bisher im Rahmnen der alljährlchen militärischen Hilfe von Washington zu erhalten. Präsident Bush erwartet andererseits, daß der israelische Ministerpäsident sich verpflichtet, die notwendigen Schritte zu ergreifen, um Bush noch vor den Wahlen in Amerika Anfang November die Gelegenheit zu geben, zu verkünden, daß ein mit Hilfe der Vereinigten Staaten erzielter Rahmenvertrag über die zukünftige Errichtung einer lokalen Selbstverwaltung für Palästinenser in den besetzten Gebieten unterzeichnet werden kann. Amos Wollin