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Bush fürchtet „hochriskante Aktion“

In den USA werden die unterschiedlichsten Optionen für ein Eingreifen in Bosnien diskutiert/ Gegner und Befürworter einer Militärintervention sind zumindest über die Fragwürdigkeit ihres Erfolges einig  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Quagmire, zu deutsch „Sumpf“ ist in der US-amerikanischen Politik neuerdings ein häufig benutztes Wort. Es fällt, wann immer von Bosnien die Rede ist. Quagmire wird der Alptraum genannt, der alliierte Soldaten erwarten könnte, wenn sie in Bosnien militärisch eingreifen: Ein Krieg, bei dem weder das Ende abzusehen ist, noch die Zahl der Toten. Entsprechend unwirsch reagierte US-Präsident Bush am Samstag auf Forderungen nach einer schnellen Militärintervention in Bosnien. Er wolle nicht riskieren, daß die USA in „einer hochriskanten militärischen Aktion versinkt“. Nach Gesprächen mit den Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsrats in seinem Ferienort Kennebunkport betonte Bush, daß im Fall Bosniens die Politik bei der New Yorker UNO und nicht im Weißen Haus gemacht werde. Am Freitag hatte er versichert, er werde nicht ruhen, bis internationale Organisationen Zugang zu den serbischen Internierungslagern hätten.

Die Verhandlungen der westlichen Nationen in der UNO gestalten sich schwierig. Bushs Ankündigung vom Donnerstag, im UN-Sicherheitsrat den Einsatz von militärischer Gewalt zur Sicherung humanitärer Hilfstransporte absegnen zu lassen, nahmen Großbritannien und Frankreich mit Kritik zur Kenntnis. In London und Paris will man lieber die bereits stationierten UNO-Friedenstruppen vergrößern und bewaffnen, so daß sie sich gegen Angriffe serbischer Einheiten verteidigen und Hilfskonvois effektiv schützen können. Die Bush-Administration will unter allen Umständen eine Stationierung von US-Bodentruppen vermeiden — egal ob unter UN-Flagge oder nur mit Votum des Sicherheitsrates. Der US-Präsident hatte am Donnerstag statt dessen angeboten, Hilfskonvois durch die Luftwaffe zu schützen. Ein wirklicher Schutz von Lastwagenkonvois ist aber nur durch Bodentruppen möglich, da ihnen vor allem Gefahr durch Heckenschützen und Minen droht. Wie auch immer — Schutz aus der Luft könnten die USA sofort gewährleisten: Neben der Präsenz von Marineverbänden im Mittelmeer ist inzwischen ein Geschwader mit 24 F-16 Kampfflugzeugen auf dem Aviano-Luftwaffen-Stützpunkt in Norditalien stationiert.

Im New Yorker UNO-Hauptquartier brütet man nun über Inhalt und Wortlaut einer entsprechenden Resolution, die man bis Mitte der Woche formuliert haben will. Französische wie britische Diplomaten gehen davon aus, daß sie zustande kommt. Was sie beinhalten soll, weiß bislang niemand so genau.

Eines ist aber gewiß: Es gibt (noch) keinen gemeinsamen politischen Willen der westlichen Nationen, der es ermöglichen würde, entsprechende militärische Szenarien und Zielvorstellungen zu entwickeln. Die Optionen reichen von militärischem Schutz für die Hilfstransporte über eine Blockade serbischen Nachschubs bis zur Bombardierung serbischer Stellungen in Bosnien — oder gar Serbiens. Manche US-Kongreßmitglieder wollen zumindest die Öffnung der serbischen Internierungslager notfalls durch Bombenangriffe erzwingen. Einige US-Senatoren wie auch die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher befürworten Luftangriffe, um Serbien zu zwingen, den alten Status quo — und damit die territoriale Souveränität Bosniens — wieder anzuerkennen. Interventionsgegner halten dagegen, daß dies ohne einen Bodenkrieg nicht zu bewerkstelligen ist. Dann aber befänden sich die internationalen Truppen — unter wessen Fahne und Kommando auch immer — im vielzitierten quagmire: einem langwierigen Krieg, der nach Schätzung von General Philippe Morillon, dem stellvertretenden Befehlshaber der UNO-Truppen im ehemaligen Jugoslawien, bis zu 100.000 Soldaten und Zivilisten das Leben kosten könnte.

Einer der entschiedensten Gegner einer militärischen Intervention ist General Lewis Mac Kenzie, dem bis vor kurzem die UN-Verbände in Sarajevo unterstanden. In zahlreichen Interviews hat der Kanadier ein militärisches Eingreifen von außen immer mit folgenden Begründungen abgelehnt: Es bestehe dann Lebensgefahr für die in Sarajevo stationierten UNO-Truppen, die im Fall einer Intervention umgehend von den serbischen Einheiten angegriffen würden und sich mit ihrer Ausrüstung kaum verteidigen könnten; zudem müßte eine Intervention in Bosnien Dimensionen annehmen, angesichts derer sich „Operation Desert Storm klein und blaß ausnimmt“. Das mag übertrieben sein; in der Nato rechnet man im Falle eines Bodenkrieges mit 100.000 Soldaten im Einsatz. Einig sind sich Gegner und Befürworter einer Militärintervention nur im Hinblick auf die Fragwürdigkeit ihres Erfolges.

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