Meineid eines Hamburger Staatsschützers?

■ Staatsschutzangaben im Prozeß gegen Knud Andresen und Ralf Gauger sind nach Verteidiger-Auffassung unverwertbar

sind nach Verteidiger-Auffassung unverwertbar

Im Itzehoer Landgerichts-Prozeß gegen die beiden Hamburger Rote- Flora-Aktivisten Knud Andresen und Ralf Gauger geht es womöglich dem Staatsschützer Wolf-Dieter Martens an den Kragen. Die Verteidigung beantragte gestern gegen den Hauptbelastungszeugen ein Verfahren wegen Meineids einzuleiten. Das Gericht gab dieses Begehren an die Staatsanwaltschaft weiter. Auf Meineid steht eine Strafe von nicht unter einem Jahr Knast.

Wie berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft Gauger und Andresen vor, am 29. Juli 1991 auf eine Bahnstrecke in Pinneberg einen Anschlag verübt zu haben. Hamburger StaatsschützerInnen wollen die beiden wenige Tage nach der Flora- Park-Räumung im Rahmen einer Observation dabei beobachtet haben, wie sie nach Pinneberg gefahren seien, um Betonplatten auf die Gleise zu legen — die Angeklagten bestreiten den Vorwurf.

Um die Vorfälle an jenem Tag weiter zur erhellen, hatte das Gericht zu Beginn des Prozesse im März 1992 Martens gefragt, ob er die Örtlichkeiten kenne, denn es gab Informationen der Bundesbahn, daß in diesem Bereich Kids der angrenzende Skateboard-Bahn öfter Betonplatten auf die Gleise legen würden. Martens verneinte dies mit dem Hinweis, er könne die Örtlichkeiten nicht kennen, weil er am 29. Juli nur auf einer Seite des Bahndamms gewesen sei.

Bei einer weiteren Vernehmung in der vorigen Woche gab Martens jedoch zu, daß der Staatsschutz im September 1991 den Tatablauf auf den Gleisen nachgestellt habe. Während ein Staatsschützer in 375 Metern Entfernung auf die Gleise postiert wurde, versuchten Martens und ein Kollege ihn zu erkennen. Martens: „Wir wollten unsere Angaben bestätigt wissen, ob man eine Person auch tatsächlich durch ein Fernglas identifizieren kann.“

Ansonsten verlief die gestrige Vernehmung Martens nur schleppend. Während der Beamte bei den vorherigen Prozeßtagen aufgrund seiner eingeschränkten Aussagegenehmigung wichtige Details verschwieg, konnte er sich gestern nun auf Nachfrage an viele Einzelheit nicht mehr erinnern. Auf die Verteidiger-Frage, was der Wahrheit enspräche, antwortete Martens: „In erster Linie habe ich dazu keine Aussagegenehmigung, ich kann aber auch nicht ausschließen, daß ich es nicht mehr erinnere.“ In einer Erklärung bezeichneten die Anwälte daher die Angaben Martens als wertlos. Ursula Erhardt: „Wir haben keinen Zeugen im klassischen Sinne, wir hören hier nur das Sprachrohr des LKAs.“ Kai von Appen