Private Flüchtlingshilfe: Magere Bilanz

■ Erste 25 Hamburger nahmen Bosnier und Kroaten auf / Hilfsorganisationen brauchen dringend weitere Angebote

/ Hilfsorganisationen brauchen dringend weitere Angebote

Dem Mann hatten Soldaten mit einem Gewehrlauf die Zähne ausgeschlagen, die sichtlich geschwächte Frau hielt einen Säugling im Arm. Zwei weitere Kinder standen daneben. „Die fünf besaßen nur noch das, was sie auf dem Leibe trugen.“ Caritas-Mitarbeiter Dieter Ackermann war froh, daß er an diesem Abend auf die Hilfe einer Hamburgerin zählen konnte, die „warmherzig“ und spontan die erschöpften Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien in ihrer Sozialwohnung aufnahm. An rund 25 Hanseaten, darunter auch taz-Leser, die sich an der Aktion Fluchtweg beteiligt haben, hat die AG Flüchtlingshilfe, ein Verbund von Caritas und Arbeiterwohlfahrt, Bosnier und Kroaten vermittelt. „Meist sind es gerade diejenigen mit dem kleinen Geldbeutel, die zusammenrücken“, weiß Dieter Ackermann.

Daß es nicht mehr Privatpersonen in einer 1,6 Millionen-Metropole wie Hamburg gibt, die Kriegsopfern Unterkunft gewähren, überrascht. 200 Hilfsbereite meldeten sich bei der AG Flüchtlingshilfe, doch fast alle wollten nur Kinder aufnehmen. Auswahlkriterien für die Hamburger Gastgeber gibt es derzeit kaum. „Wir sind froh über jeden, der uns die Ex-Jugoslawen abnimmt“, so Ackermann. Wenn eine Vermittlung stattgefunden hat, heißt das allerdings nicht, daß die AG Flüchtlingshilfe sich zurückzieht. Eine Betreuung von Gastgebern und Gästen erfolgt auch weiterhin. Probleme bereitet vor allem die Dauer der Unterbringung. So mußte die eingangs erwähnte Flüchtlingsfamilie nach drei Wochen die Sozialwohnung verlassen, weil die freundliche Hamburgerin völlig gestreßt war.

Dennoch appelliert Ackermann an die Öffentlichkeit: „Wir brauchen dringend noch Angebote von Privatpersonen, die Flüchtlinge aufnehmen können.“ Jede Woche kommen mehr Opfer des Balkan- Krieges nach Hamburg. Der überwiegende Teil reist nicht mit den offiziellen Sonderzügen, wie zuletzt am vergangenen Wochenende, sondern als Tourist, auf Einladung von Verwandten und Bekannten oder illegal. Allein in der vergangenen Woche registrierte die Caritas 100 Flüchtlinge, die auf eigene Faust die Elbe erreichten. Ein Teil von den zwischen 4000 und 6000 Flüchtlingen in der Hansestadt kommt alleine klar, der Rest ist auf finanzielle Hilfe und Unterkunft angewiesen.

Ob das Containerdorf in Bergedorf als Quartier für die Nicht- Kontingent-Flüchtlinge in Frage kommt, ist unklar. Die dort von der Sozialbehörde errichteten Notunterkünfte für Kontingent-Flüchtlinge stehen zur Zeit leer. Sigrun Nickel

Angebote für Privatunterkünfte unter 040/28014066 oder 28014057