Die Scientologen kommen

■ Bremer Sekte vergrößert sich: Alte Villa am Osterdeich 27 gemietet

Die Bremer Scientologen vergrößern sich: Aus ihrer kleinen Hucke am Wegesende sind sie ausgezogen, jetzt logieren sie in einer prächtigen Villa am Osterdeich. Im Dezember letzten Jahres hat ein Bremer Autohändler das Haus an eine Hamburger Immobilienfirma verkauft. Insider munkeln von einem Preis von 2,8 Mio Mark. Innerhalb dieser Immobilienfirma soll sich eine Gönnerin der Scientologen bewegen.

Mit dem neuen Heim scheint die Sekte eine neue Offensive auf Bremen eröffnen zu wollen. „Die schaffen es immer wieder, labilen Menschen Macht vorzugaukeln und sie so an sich zu binden“, erläuterte der Sektenbeauftragte der katholischen Kirche in Bremen, Hans Pricker. Ein anderer Experte sieht im Ausbau des „Bremer Stützpunktes“ eine erste Reaktion auf den starken öffentlichen Druck, der seit Wochen in Hamburg gegen die Sekte knallt.

Die Scientologen sind in der Hansestadt als Verein organisiert. Eingetragen sind sie hier seit 1981, bei der Gründungsversammlung mußte das für eine Vereinsgründung fehlende siebte Mitglied per Vollmacht seine Stimme abgeben. Seitdem ist Karl-Heinz Vogel Vorsitzender bzw. Präsident der Scientologen, die mal als Scientology-Center Bremen oder als Scientology Bremen Mission firmiert. „Wir vermitteln hier geistige Freiheit“, sagt Vogel auf die Frage, was in dem Haus passieren wird. Wo das Geld für die Miete herkommt, verrät er nicht. Jedes Mitglied der Scientologen, versichert er, zahlt 30 Mark Jahresbeitrag.

Die Rechtsfähigkeit der Scientologen als Verein wurde immer wieder angezweifelt. In Bremen hielt eine Organisation ABI (Aktion Bildungsinformation) das hiesige Amtsgericht mit einem Einspruch auf Trab: Die Bremer sollten die Sekte aus dem Vereinsregister wieder streichen. Das Düsseldorfer Amtsgericht habe dem dortigen Verein „wirtschaftliche und sittenwidrige Zwecke“ vorgeworfen und aus diesem Grund den Vereinseintrag abgelehnt. Dieses Urteil wurde später bestätigt.

Das Bremer Amtsgericht reagierte nicht, und die Bremer Scientologen dümpelten als Verein vor sich hin. Ihre Mitgliederversammlungen wurden mit Vollmachten Abwesender aufgepuscht, um überhaupt beschlußfähig zu werden, auf einer Mitgliederversammlung im Jahr 1986 wurde die Anwesenheitsliste gerade von sieben Mitgliedern unterschrieben. „Wir haben hier einige hundert Mitglieder“, behauptet dagegen Präsident Vogel.

Im Jahr 1988 kümmert sich das erste Mal die Jugendbehörde um die Scientologen. Sie notiert den Fall eines 25jährigen Bremers, der Mitglied der Sekte geworden sei, „obgleich er von dem Verein zur kostenpflichtigen Teilnahme an zunehmend teureren Kursen veranlaßt werde.“ Mehr passiert nicht.

Im Mai letzten Jahres wurde dem Verein in Hamburg die Rechtsfähigkeit abgesprochen. „Wir werden abwarten, was sich aus dieser Entscheidung ergibt“, erklärte gestern die Referentin des Bremer Innensenators, Merve Pagenhardt. Die Hamburger hatten herausgefunden, daß der Verein mit Kursen und Büchern „Gewinnerzielungsabsichten“ verfolge. Präsident Vogel ficht dies nicht an: „In Hamburg haben die Journalisten nur Scheiße und Dreck geschrieben.“ Markus Daschner