Dürrekatastrophe in Polen bedroht Bauern

■ Die heiße Kreditfalle

Die heiße Kreditfalle

Warschau (taz) — Wochenlange Hitze mit Rekordtemperaturen wie zuletzt 39 Grad Celsius am Samstag, ausbleibende Gewitter und Regenfälle haben in Polen zu einer Lage geführt, in der Experten für den Herbst bereits ein Getreidedefizit voraussagen und die Regierung Hilfsmaßnahmen für die Bauern angekündigt hat. Am schlimmsten sind die westlichen und nördlichen Gegenden Polens betroffen, wo mit Ernteausfällen bei Getreide von bis zu 62 Prozent gerechnet wird. Preisanstiege für heimische Lebensmittel im Herbst gelten daher bereits als sicher. Für die Bauern entsteht so erneut eine Kreditfalle: Sie haben die Aussaat dieses Jahr zumeist mit wegen der Inflation teuren Krediten finanziert, die sie aufgrund der Ernteausfälle nur schwer werden zurückzahlen können. Dies gilt besonders dann, wenn das Getreidedefizit im Herbst per Import ausgeglichen werden sollte. Bauernverbände fordern daher bereits jetzt ein Tilgungs- und Zinsmoratorium für in diesem Jahr aufgenommene Produktionskredite.

Auch der Bevölkerung der Städte macht der Jahrhundertsommer schwer zu schaffen. Schon zu Anfang der Hitzewelle verdoppelte sich die Zahl der Kreislaufzusammenbrüche und Hitzschläge in Warschau. In Schlesien kommt der Eisenbahnfahrplan durcheinander, weil die Züge wegen verbogener Schienen und Weichen oft nur noch 50 km/h statt vorgesehener 120 km/h fahren können. Der Stand der großen Flüsse sinkt bereits so sehr ab, daß man manche davon zu Fuß durchqueren kann. Der Stand der Weichsel ist auf 28 cm unter die für die Flußschiffahrt kritische Marke gesunken. Insgesamt 400mal brannten in ganz Polen in diesem Sommer die Wälder. Die Dürre trifft Polen um so härter, als die Wasservorräte des Landes ohnehin geringer sind als im europäischen Durchschnitt. Klaus Bachmann