Schön, falsch, arm und unecht

■ Michael Jackson gab am Montag eine friedliche Audienz für 30 000 Fans

gab am Montag eine

friedliche Audienz für 30000 Fans

Beschützt von Bühnennebel und frenetisch bekreischt von gut 30000 im Publikum erscheint er am Montag im Volksparkstadion. Das Medienereignis, der King of Pop, der Kinderfreund und selbsternannte Heiler der Welt in schwarzer Hose, goldener Windel und glitzerndem Jackett, ist erschienen, um seine Fans mit einem Potpourri seiner Melodien zu trösten und der Menschen gute Kerne für das Gute zu entfachen.

Von den über 200 Helfern ist noch weniger zu sehen als von Michael, der nur durch einen Feldstecher auf der 77 Meter breiten Bühne auszumachen ist. Ein Kame-

1ramann huscht um das konstruierte Schönheitsideal herum. Von zwei riesigen Videoleinwänden wird Michael ins Stadion gestrahlt. Egal ist, ob er selbst noch auf der Bühne erscheint, denn auch wenn Sequenzen aus alten Videos oder dem Film Moonwalker in die Menge gesendet werden, schwillt der Jubel an. Ob auf der Bühne immer der Echte zu sehen ist, oder ob da noch das ein oder andere Double mit im Spiel ist? Auch im Publikum tappen diverse Michaels herum.

Zunächst wirkt sein Panthergang im Mondschritt etwas geschwächt. Jam schmettert es aus 168 Boxen, kraftlos dagegen scheint der Einsatz im Scheinwerferlicht. Müssen wir uns gar um ihn sorgen? Wird hier nicht ein „armer Mensch“ von seinen Musikmanagern mit Laserlichtspielen und pyrotechnischen Mega- Knallern durch eine gigantische Show gehetzt? Doch sei es auch knallhart kalkulierter „show-mans human touch“ oder nicht mehr zu verbergende konditionelle Schwäche infolge der Mammuttournee, zwingend stellt sich die Grundfrage: Wer kann schon in ihn, in diese Projektionsfläche für Millionen Fans, hineinsehen?

Den Fotografen wird vor Konzertbeginn ein Vertrag vorgelegt, wie sie den Herrscher der Kinderseelen abzulichten haben. Kameraobjektive sind nur bis zu einer

1Brennweite von 300 Millimetern zugelassen. Muß Michael fürchten, daß Narben seiner Schönheitsoperationen ins Bild geraten? Könnte ihn anhand von Fotos noch jemand von seinen Doubles unterscheiden?

Michael Jackson, der Unwirkliche, dringt weiter mit breiigem Sound in die Gehörgänge. Er läßt sich von Leibwächtern einen weiblichen Fan zuführen und läßt sich drücken — stellvertretend für Tausende, die sich vergeblich in seine Nähe sehnen. Für die Show eines Mega-Stars fehlt keine Zutat. Am Ende wirkt der Meister fast fit. Polizeisprecher Dankmar Lund meldet keine besonderen Vorkommnisse und fand den Abend kurzweilig. Begeisterung as usual. jk