Völkermord & Judenfriedhof & Kindergärten

■ Stadtchef Voscherau ist back in town: Mit einem Statement zu Serbien und der Ankündigung einer stadtpolitischen Offensive im Herbst erklärte er das polit-sommerliche Ozonloch für beendet...

: Mit einem Statement zu Serbien und der Ankündigung einer stadtpolitischen Offensive im Herbst erklärte er das polit-sommerliche Ozonloch für beendet / Löschprogramm für soziale Brennpunkte

„Greuel und Blutvergießen im ehemaligen Jugoslawien haben eine Dimension erreicht, bei der von Völkermord und Kriegsverbrechen gesprochen werden muß.“ Stadtchef Henning Voscherau hat, mit frischer dezent-natürlicher Bräune, inzwischen messerscharf die Situation am Balkan analysiert. Gestern reihte sich der Senatsvorsteher ein in den vielstimmigen Chor sozialdemokratischer Meinungen zur Balkanfrage. Die Liebhaber juristischer Feinsinnigkeiten kamen auf ihre Kosten: Voscherau ist für den Einsatz von „militärischen Mitteln“ und die Einsetzung eines „internationalen Kriegsverbrechertribunals“. Auch steht er „inhaltlich“ voll hinter der Linie der Bundesregierung, deutsche Kriegsschiffe einzusetzen. Als verfassungstreuer Jurist ist er hingegen strikt gegen all das, bevor die SPD-Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht Klarheit gebracht hat.

Im Klartext, zu dem sich Voscherau naturellgemäß nicht durchringen konnte: Völkermord und Kriegsverbrechen in Jugoslawien sollen notfalls auch mit militärischen Mitteln und schnell gelöst werden. Deutschland sollte sich in Zukunft an solchen Aktionen beteiligen, kann dies aber noch nicht, weil die Verfassungslage unklar ist. Stellt sich heraus, daß die Verfassung derartige Einsätze verbietet, sollte sie geändert werden. Ein wenig im Schatten des Weltpolitikers und Kriegsphilosophen Voscherau standen danach die Ausführungen des Stadtpolitikers:

Hier will die Stadtregierung gezielt und zügig auf ihrem erfolgreichen und beharrlichen Weg zur Umsetzung des Regierungsprogrammes konsequent voranschreiten, und, wo es gar nicht zu vermeiden ist, „abschließende Nägel mit Köpfen machen“. Schließlich, so Voscherau, liege auch der Senat „unter Feuer“. Druck macht das Airbusmanagement, das ein paar 100 Millionen Mark für eine Umgehungsstraße Finkenwerders und noch viel mehr Platz für seine Ausbauten möchte. Soll'n sie haben, versprach der Chef.

Einem anderen Brandherd will der Senat am 25. August zuleibe rücken: Auf einer Klausurtagung mit „externen Experten“ will man sich einem „langfristigen Konzept“ zur Löschung der sozialen Brennpunkte annähern. Auch papiermäßig verprach uns Voscherau einen heißen Herbst: Die Schulbehörde verfaßt ein Papierchen über die Konsequenzen aus dem 218-Beschluß (4-Stunden-Kindergarten- Platz für alle?!), Verkehrssenator Wagner rackert an einem Papier zur Einführung einer Nahverkehrsabgabe und Bausenatorin Müller bereitet die Entscheidung über 15

1Untersuchungsgebiete zum Wohnungsbau vor.

Ein wenig diabolisches Grinsen breitete sich dagegen gestern bei den ehrwürdigen Mitgliedern der Hamburgischen Landespressekonferenz aus, als Voscherau wieder einmal versprach, nun werde es aber

1wirklich ernst mit dem „Einstieg in die Umsetzungsphase für die Modernisierung der Hamburger Verfassung und der öffentlichen Verwaltung“. Zum Schluß wurde es noch einmal international: Beim Streit um die lukrative Verwendung des jüdischen Friedhofs in Otten-

1sen beginnt jetzt das Feilschen mit dem Investor, dem die Stadt in irgendeiner Weise das O.K. für die Zustimmung zu einem friedhofsadäquaten Konsumtempel abkaufen will, um den „internationalen Konflikt“ um die Grabschändung zu befrieden. Florian Marten