„Militär über alles“

Als ich viereinhalb Jahre alt war, sah ich den Vater zum letzten Mal. Ich behielt nur verschwommene Erinnerungen an ihn. (...) Ein Bekannter sah den Volkssturm-Mann zum letzten Mal, als er blutverschmiert und in zu kleiner Uniform eine Meldung machte. „Um Gottes Willen, stehen Sie doch bequem“, sagte der Bekannte. Darauf Otto Stern: „Ich werde doch vor einem Vorgesetzten militärische Haltung annehmen können.“ Militär, Militär über alles. Es war ihm in Fleisch und Blut übergegangen, wie den meisten Altersgenossen. Militär galt als ein Wert an sich. Zweitrangig schien die Frage, wem das Militär diente und gegen wen es sich richtete. Doch der Militarismus — die kritiklose Unterordnung des gesamten Lebens unter die Kriterien des Militärs — war ein Unglück für die Menschen, war die Ursache für das persönliche Unglück von Otto Stern. (..) Er starb als Opfer des Militärs, als Verschollener, vermutlich in Ost- oder Westpreußens Schnee und Eis.“

Auszug aus dem Nachwort:

der Bremer Volker-Joachim Stern über seinen Vater