Beirat: Wagenfeld ins Ostertor

■ Ostertorwache: Beirat Mitte folgte Plänen der Kultursenatorin / Große Museen befürchten Finanzloch

Das künftige Schicksal der Ostertorwache II Am Wall, ehemals Gestapo-Gefängnis, heute sogenannter „Abschiebeknast“, ist am Montag im Beirat Mitte vorentschieden worden, im Sinne der Kultursenatorin, die ihre Pläne dort persönlich vorstellte. Gemeinsam stimmten CDU und SPD für die Nutzerin „Wilhelm Wagenfeld Stiftung“ und zusätzlich für die Einrichtung einer NS- Opfer - Gedenkstätte. Die endgültige Entscheidung fällt am 14.8. in der Kulturdeputation, wo auch über die strittigen Folgekosten diskutiert werden soll.

So wird dort also wohl ein Zentrum für Design entstehen, mit einer ständigen Ausstellung der Nachlaß-Sammlung des Bremer Bauhaus-Produktdesigners Wagenfeld und mit Veranstaltungen und Seminaren zur Design- und Wirtschaftsförderung. Mit dabei sind die Innoventa (Bremer Design Zentrum) und die Gesellschaft für Produktförderung, die für Investitionen aus der Bremer Wirtschaft sorgen will. Diese Kombination aus Kultur und Wirtschaft ist Kultursenatorin Helga Trüpel gerade recht: „Unser Ressort kann die kulturelle Nutzung der Ostertorwache allein nicht zahlen.“ Die Räumungskosten von 1,5 Millonen Mark gibt der Wirtschaftssenator; 4,5 Millionen Mark für die Sanierung kommen von der Waldemar-Koch-Stiftung und jährlich 150.000 Mark aus dem Kulturressort.

Vor der Entscheidung hatte es heiße Diskussionen in der Bremer Kulturszene gegeben. Vor allem das Finanzierungskonzept der Wilhelm Wagenfeld Stiftung war kritisiert worden. „Wir wehren uns gegen weitere Institutionen mit musealem Anspruch“, sagte Martina Rudloff vom Gerhard Marcks Haus, „Bremen hat kein Geld, wer will diese Folgekosten tragen?“ — Auch Dr. Jörn Christiansen vom Focke-Museum und der neue Intendant des Goethetheaters, Hansgünther Heyme, befürchten, daß ihren Institutionen durch die Einrichtung eines Wilhelm Wagenfeld Hauses die nötige Förderung entzogen werden würde. Sie waren für die Schaffung eines öffentlichen Kunst- und Museumsraumes, der sich über einen Restaurantbetrieb rentieren sollte.

In einem offenen Brief an Kultursenatorin Trüpel zur bevorstehenden Sitzung der Kulturdeputation fragt der „Verein von Freunden des Focke-Museums e.V.“ u.a. kritisch an, wie sich Trüpel „das Verhältnis zwischen der Neugründung von Kultureinrichtungen in Bremen (insbesondere Wagenfeld-Haus in der Ostertorwache) und der Erhaltung der Leistungsfähigkeit bestehender Institutionen, insbesondere dem Focke-Museum“ denke. Der Verein kündigt an, daß ohne eine befriedigende Antwort der Kulturbehörde seine Leistungsbereitschaft in Frage gestellt sei.

Die aktuell Leidtragenden einer Entscheidung für die Wagenfeld-Stiftung sind die abgeschlagenen Bewerber, in erster Linie der Berufsverband Bildener Künstler, der, ehemals aus der Weserburg vertrieben, auf die Räumlichkeiten in der Ostertorwache zu hoffen gewagt hatte. „Das war ein totes Rennen für uns“, sagte Hermann Stutzmann, Vorsitzender des BBK gestern, „da entscheidet eine Schotter- Lobby“. Immerhin macht der Beirat Mitte seine Zustimmung zu Trüpels Plänen davon abhängig, daß der BBK ein neues Wirkungsfeld bekommt. Da er ebendieses aber auch für ein noch höchst vorläufiges „Frauenmuseum“ forderte, hat dieses Anhängsel an den Beschluß vielleicht nicht viel zu bedeuten. Cornelia Kurth