Verkaufsdebatte „unerträglich“

■ Gewoba-Betriebsrat gegen Privatisierung / „Was ist Selbständigkeit noch wert?“

Der Betriebsrat der Gewoba hat die Tatsache, daß der Bremer Finanzsenator „keine Tabus“ auch beim Verkauf von bremischen Beteiligungen sieht, zum Anlaß für eine geharnischte Stellungnahme genommen. „Aus der Sicht der Beschäftigten unterträglich“, so der Betriebsratsvorsitzende Ralf Schumann, sei die Privatisierungsdebatte. Nach der Pleite der Neuen Heimat hätten die Bremer Beschäftigten auf 10 Prozent ihrer finanziellen Ansprüche verzichtet, um einen Neuanfang zu ermöglichen, denn die Gewoba zahlt nur die im Wohnungsbau üblichen Tarife und hat nicht die Sondertarife der Neuen Heimat übernommen. „Die Beschäftigten haben wieder Ruhe gefunden“, erklärte der seit April amtierende neue Betriebsrat, nun würde neue Verunsicherung in den Betrieb hineingetragen.Die Gewoba habe eine „kampfstarke Belegschaft“, sekundierte HBV- Vertreter Klaus Busch. „Mit diesem Betriebsrat ist sowas nicht so leicht zu machen.“

Die Arbeitnehmervertreter argumentierten auch im Namen der Mieter: Wohnungen dürften kein Spekulationsobjekt sein, meinte der Betriebsrat. „Die 100.000 Mieter sind doch auch Wähler“, drohte Betriebsrätin Schneider.

Ein Verkauf würde zu einer „absoluten Kehrtwende im sozialen Wohnungsbau“ führen, erklärte der frühere Betriebsratsvorsitzende und jetzige Präsident der Angestelltenkammer, Bernhard Baumeister. Wenn das Land den Einfluß auf wichtige Unternehmen der bremischen Infrastruktur aufgebe, dann müsse man fragen, „was die Selbständigkeit des Bundeslandes noch wert ist“, formulierte Baumeister.

„Das ist die SPD dem 'S' in ihrem Namen schuldig“, unterstrich auch HBV-Sekretär Klaus Busch. Er forderte die SPD auf, ihre „politischen Ränkeschmiede“ nicht „auf dem Rücken der Beschäftigten“ auszutragen. „Sozialpolitischer Unsinn“ sei ein totaler Verkauf, eine Landesbeteiligung von 51 Prozent allerdings „würde uns reichen.“

Die Gewoba-Geschäftsführung hält derzeit das Stichwort von der Privatisierung für völlig unsinnig und geradezu „geschäftsschädigend“. Gewoba- Sprecher Höft betont dabei, daß die Mieter „überhaupt nichts zu befürchten“ haben: 90 Prozent der Gewoba-Wohnungen sind Sozialwohnungen mit festgelegten Mieten. Und bei den Wohnungen, die aus der Sozialbindung herausfallen, ist gesetzlich geregelt, was ein Eigentüber ehemals gemeinütziger Wohnungen aufschlagen kann: Nicht mehr als 5 Prozent im Jahr. Diesen Aufschlag, der auch für einen privaten Eigentümer Obergrenze wäre, nimmt auch die Gewoba.

Diese Begrenzung gilt allerdings nur noch bis 1995. Bis zum Jahre 2000 fallen zudem ca. die Hälfte der Sozialwohnungen aus der Bindung heraus, sod aß der mögliche „Verkaufspreis“ der Gewoba dann erheblich steigen würde. Bis 1999, so hat das Land Bremen mit dem Bankenkonsortium vereinbart, das seit 1989 25 Prozent der Gewoba-Anteile hält, dürfen Verkäufe nur unter den Gesellschaftern stattfinden. K.W.