RAF: Kronzeugin und Angeklagte im Knast vereint

■ Ex-RAF-Mitglieder Ralf und Sigrid Friedrich treffen in Bremen auf Hauptbelastungszeugin Becker

Seit April diesen Jahres verbüßt das ehemalige RAF-Mitglied Susanne Becker (geb. Albrecht) ihre 12jährige Haft wegen Mordes an dem Bankier Jürgen Ponto (1979) im Bremer Frauenknast (Blockland). Sie wird bald Gesellschaft bekommen: Die im letzten Juni zu sechseinhalb bzw. acht Jahren Gefängnis verurteilten RAF- Aussteiger Sigrid Friedrich (geb. Sternebeck) und ihr Mann, Ralf Baptist Friedrich, sollen ihre Haft ebenfalls in Bremen verbüßen. Sie als Zellennachbarin von Becker im Blockland, er in Oslebshausen. Das Pikante: Susanne Becker war im Verfahren gegen die Friedrichs vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart Kronzeugin des Generalbundesanwaltes und hat mit ihrer Aussage vor allem zur Verurteilung von Ralf Friedrich beigetragen.

Die beiden Friedrichs waren u.a. maßgeblich an der Vorbereitung (sie) und Ausführung (er) des Sprengstoff-Attentates auf den Oberbefehlshaber der Nato, Alexander Haig, im Jahr 1979 beteiligt. Susanne Becker hatte als Kronzeugin des Generalbundesanwaltes im Prozeß gegen Ralf Friedrich ausgesagt, daß sie im Frühjahr 1979 mit Friedrich den Sprengstoff für das Haig-Attentat besorgt habe. Friedrich bestritt dies: Er räumte ein, mit Becker zehn Kilo TNT von den Roten Brigaden in Italien nach Paris transportiert zu haben, jedoch sei das nicht der Haig-Sprengstoff gewesen. Die ebenfalls als Zeugen gehörten RAF-Aussteiger Werner Lotze und Peter-Jürgen Boock bestätigten die Friedrich- Version. Außerdem hatte das Bundeskriminalamt ermittelt, daß das Haig-Attentat mit Plastiksprengstoff und nicht mit TNT ausgeführt worden war. Doch das OLG in Stuttgart glaubte der Becker und sprach sein Urteil: Achtenhalb Jahre Knast für ihn, sechseinhalb Jahre für sie, die u.a. auch an der Entführung von Arbeitgeber-Präsident Hans- Martin Schleyer beteiligt war.

Die Justizbehörde erwartet die beiden Friedrichs im Laufe der nächsten Woche. „Die werden hier in den ganz normalen Vollzug kommen“, meinte gestern Behördensprecher Werner Alfke. Das heißt: Offene Zellentüren tagsüber, Kontakt mit anderen Häftlingen. Im Frauenknast im Blockland werden sich Becker und Friedrich kaum aus dem Weg gehen können: Derzeit sind hier nur 16 Frauen inhaftiert, die meisten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Konflikte wird es nach Ansicht des Behördensprechers kaum geben: Susanne Becker hat aus ihrer U-Haft in Hamburg-Fuhlsbüttel beste Führungszeugnisse, und auch die beiden Friedrichs, die in Stuttgart-Stammheim ihre U-Haft abgebrummt haben, wurde vom OLG Stuttgart „tadelloses Vollzugsverhalten“ bescheinigt. Als Behördensprecher Alfke das erklärte, kannte er die gemeinsame Geschichte der drei noch nicht.

Verantwortlich für die Zusammenlegung der drei ist der Generalbundesanwalt. Nach einem bestimmten Länderschlüssel werden ehemalige RAF-Mitglieder verteilt, der GBA bestimmt, wer wohin kommt. Aus diesem Haus war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Markus Daschner