KOMMENTAR
: Olympisches Blendwerk

■ Barcelona und die Akzeptanz-Offensive des Senats

Es ist wenig überraschend, daß der Senat noch schnell die frischen Bilder aus Barcelona nutzen will, bevor bei den Berlinern die Erinnerungen verblassen. Also tritt man an, als ob man bereits den Staffelstab übernommen hätte, auf daß auch ein wenig von dem Glanz und Olympiagefühl auf Berlin abfärbe. Die olympische Akzeptanz-Offensive tut vor allem not, weil nach den letzten Umfragen eine Mehrheit der Berliner gegen Olympia ist. Kein Moment ist deshalb günstiger als jetzt, wo es dem auf die Glotze verwiesenen Durchschnitts-Berliner möglicherweise doch ganz attraktiv vorkommt, Olympia leibhaftig zu erleben.

Der Senat mag die existierende Olympia-Euphorie als probates Doping ansehen, die eigenen Pläne zu befördern. Es ändert aber nichts daran, daß die zwei Städte nicht zu vergleichen sind. Auch für Barcelona kommt die Nagelprobe noch, ob die Spiele der Stadt langfristig Nutzen bringen. Erst einmal steht die Entlassung von Tausenden von Beschäftigten an. Unklar ist, wie die tiefen Löcher in der Stadtkasse nach dem finanziellen Kraftakt Olympia gestopft werden und wie die katalanische Metropole die Sportstätten profitabel nutzen kann. Dabei sind die Spiele in Barcelona aber noch getragen worden von der Bevölkerung, weil durch die Investitionen für Olympia auch real die Lebensqualität der Stadt gewonnen hat, weil ganze Viertel saniert und die Infrastruktur verbessert wurde. [Das hab' ich aber anders gehört! d. säzzer] Die Spanier konnten zudem eine Show inszenieren, die nicht von leeren öffentlichen Kassen, den Problemen einer mühsam in die Hauptstadtrolle wachsenden Stadt und den Spannungen der deutschen Vereinigung bestimmt wurde. Der Senat kann dagegen nur Stückwerk anbieten. Das bringt den Berlinern nichts ein und kürzt noch dazu Mittel für die notwendige Stadtsanierung. Herauskommen werden bei den Berliner Spielen nur über die Stadt hingeworfene gigantische Sportstätten, deren spätere Nutzung ohne öffentliche Zuschüsse nicht vorstellbar ist. Was der Senat betreibt, ist deswegen Blendwerk mittels olympischen Edelmetalls. Das ändert aber nichts daran, daß das, was anderen guttut, Berlin nur schaden kann. Gerd Nowakowski