Schwedens Flugzeugbauer setzen auf Rühe

Die Skandinavier wollen dem Verteidigungsminister eine modifizierte Version des schwedischen Unglücksjägers JAS Gripen andienen/ Triebwerke und Elektronik sollen vom Jäger90 kommen  ■ Aus Stockholm Reinhard Wolff

Viel erhofft sich Schwedens Flugzeugindustrie von dem heute beginnenden Besuch des deutschen Verteidigungsministers Volker Rühe in Stockholm. Kommt es bei der geplanten Billigversion eines europäischen Kampfflugzeugs zu einer Mischung aus dem Jäger90 und der einheimischen JAS Gripen? Seit dem Ausstieg der Deutschen aus dem Euro-Jäger-Projekt wird bei der Militärflugzeugabteilung von Saab in Linköping fieberhaft an einem attraktiven Angebot für die westeuropäischen Nato-Länder gearbeitet. Und seit Rühe in der vergangenen Woche in Madrid von einem „ganz neuen und billigeren Flugzeug“ sprach, hat das geheime Kind bei Saab auch gleich einen Namen bekommen: „EuroJas“.

Minister Anders Björck will seinem Kollegen Rühe die fertigen Pläne präsentieren und vermutlich auch äußerst attraktive finanzielle Angebote machen — auch wenn das Thema offiziell weit heruntergespielt wird. Denn der westeuropäische Markt wäre für die JAS und die schwedischen SteuerzahlerInnen die allerletzte Hoffnung vor einer katastrophalen finanziellen Bruchlandung. Schweden hat sich bei dem Bemühen, seine nationale Militärflugzeugindustrie über Wasser zu halten, heillos übernommen. Seit 1982 der Beschluß zur Entwicklung und zum Bau der JAS Gripen („Greif“) gefaßt wurde, sorgte das „Flugzeug für das nächste Jahrtausend“ vor allem für Horrormeldungen: Alle zeitlichen Vorgaben wurden gesprengt; Pannen, Abstürze bei Probeflügen und Konstruktionsmängel sorgten für Aufregung; das ehrgeizige Projekt wurde zum Faß ohne Boden für den Staatshaushalt.

Der billige Jagdflieger dürfte vermutlich den Staat mehr als 50 Milliarden Kronen (rund 15 Mrd. DM) kosten. Dafür erhielt die schwedische Luftwaffe 140 Maschinen; für 2.000 bis 3.000 Angestellte bei Saab wurde damit für einige Jahre ihr Arbeitsplatz gesichert. Die Frage, ob diese Jobs und der Luxus einer einheimischen Militärflugzeugindustrie eine solche Geldverschwendung rechtfertigen, ist in Schweden nach wie vor umstritten. Die wechselnden Regierungen hatten dabei immer ein überzeugendes Argument in der Hinterhand: JAS könne sich zu einem großen Exporterfolg entwickeln, statt Kosten werde es sogar Gewinne geben. Dieser Traum war spätestens ausgeträumt, als die neutralen Länder Finnland und Schweiz sich trotz aller finanziellen Lockangebote und dem Appell an die Solidarität der Neutralen für die amerikanische F-18 entschieden.

Die F-18 war und ist nicht nur finanziell interessanter — Finnland zahlt beispielsweise einen Stückpreis von etwa 80 Millionen DM —, sondern wurde auch in technischer Hinsicht als überlegen eingeschätzt. Der JAS-Flieger wird als zu klein eingestuft, die Elektronik hat offenbar noch schwere Macken, die Bewaffnung ist nicht geklärt und die Reichweite nicht ausreichend. Kein Land hatte deshalb bislang besonderes Interesse an dem als Prototypen fertiggestellten Jagdflugzeug gezeigt — auch die Bonner Hardthöhe nicht.

Doch Teile der bei JAS investierten Forschungsarbeit scheinen für die Militärs durchaus interessant zu sein. Für den EuroJas hat Saab den Einbau der für den Jäger90 entwickelten stärkeren Triebwerke und eine mögliche zweimotorige Version in der Planung. Das Manko der mangelnden Reichweite würde so entfallen. Und Rühe dürfte auch mit der Aussicht gelockt werden, daß ein Großteil der für den Jäger90 entwickelten und im Hinblick auf deutsche Arbeitsplätze interessanten Elektronik übernommen werden könnte. Damit wäre gleichzeitig auch einer der Schwachpunkte der JAS-Gripen aus der Welt. Für Schwedens Militärs steht derweil die Anschaffung eines neuen Panzers auf dem Plan — ein Einkauf deutscher Leopard-Panzer würde sich als Gegengeschäft geradezu anbieten.