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Horrorszenario für den Ernstfall

Stasi wollte in der DDR lebende Ausländer „im Krisenfall“ in tristen Arbeiterwohnheimen internieren  ■ Aus Berlin Dieter Rulff

Mit Grausen erinnern sich manche Ostberliner an den Blankenburger Pflasterweg. An der schmalen Landstraße, die die Orte Blankenburg und Malchow im Nordosten der Stadt verbindet, lag zu DDR-Zeiten eine Außenstelle der Bereitschaftspolizei (Bepo) Wasdorf — es war das berüchtigste Revier Ost-Berlins überhaupt.

In der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 1989 wurden hierhin Dutzende von Bürgern gebracht, die während der 40-Jahr-Feierlichkeiten des SED-Regimes protestiert hatten. Stundenlang mußten sie in dem Bepo-Revier mit den Gesichtern zur Wand stehen, wurden sie dort physisch und psychisch mißhandelt.

Schockiert hätten sich auch 1.200 Ausländer Ost-Berlins an den Blankenburger Pflasterweg erinnert, wäre die geheime Kommandosache GKdos-Nr F/1 267 592 der Staatssicherheit verwirklicht worden.

Bei einem „feindlichen Angriff“ hätte man sie dann innerhalb von 24 Stunden in ein Arbeiterwohnheim interniert, das direkt an die Kaserne der Bepo Wasdorf grenzte und sich von dieser äußerlich nur dadurch unterscheidet, daß die Polizei ihr Areal mit einem Zaum mit Stacheldrahtkrone umgab.

Ein 1,70 Meter hoher Drahtgitterzaun sollte auch um das Internierungslager gezogen und vier Türme errichtet werden. Mit diesen Maßnahmen wäre bei dem vorgesehenen Einsatz von zehn Bewachern pro Schicht die Außensicherung gewährleistet gewesen, denn das 360 mal 170 Meter große Areal ist von weiten Ackerflächen umgeben. Eine Flucht, ohne entdeckt zu werden, wäre daher kaum möglich gewesen.

Zwischen 1975 und 1981 wurde der Komplex am Blankenburger Pflasterweg errichtet, zwanzig triste, im offenen Rechteck angeordnete Plattenbauten. Jedes der einstöckigen Häuser bietet für 150 Leute Unterkunft in 21 Vierbett-, 32 Zweibett- und zwei Einbettzimmern. In acht dieser Häuser sollten die Ausländer interniert werden, ein neuntes war der Lagerverwaltung, ein zehntes der Volkspolizei vorbehalten.

Bis zur Wende war die Anlage eines von 32 Arbeiterwohnheimen, in denen Betriebe Bettplätze angemietet hatten. Sie wurden für Arbeiter bereitgestellt, die in die Hauptstadt der DDR delegiert wurden, um an deren Auf- und Ausbau mitzuwirken. Da die Werktätigen alle über ein Zuhause in der Provinz verfügten, wäre eine schnelle Ausquartierung „im Verteidigungsfall“ problemlos zu bewerkstelligen gewesen. Klaus Jarayuski, der bereits vor der Wende die Häuser betreute, waren die Pläne der Staatssicherheit nicht bekannt. Er hätte auch nicht gedacht, daß „die hier so etwas vorhaben“, obwohl er nach längerer Überlegung zugibt, daß er es „von der Anlage her nachvollziehen kann“.

Auch Karl-Heinz Körner war das geplante Internierungslager bis vorgestern unbekannt. Der ehemalige Leutnant beim Berliner Strafvollzug war als einer von drei diensthabenden Offizieren eingeplant gewesen. Warum ihm und den anderen, die in dem Stasi-Papier als Verantwortliche aufgeführt wurden, diese zweifelhafte Ehre zuteil wurde, ist ihm ein Rätsel. Er sei bei der Stasi allenfalls wegen seiner verwandtschaftlichen Kontakte in den Westen „auf dem Stuhl gesessen“. Wahrscheinlich, so sein Reim, seien wahllos welche ausgeguckt worden, denn bei den Offizieren sei es üblich gewesen, „daß man vor vollendete Tatsachen gestellt wurde“.

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