Walter Momper wird zum Baulöwen

■ Der Berliner Sozi und Ex-Senatschef geht ins Immobiliengeschäft/ Parteifreunde sind verdattert und verärgert

Berlin (taz) — Es war ein echter Momper. Kaum einen seiner Parteifreunde hatte er informiert. Viele glaubten an eine Falschmeldung, doch die Nachricht war nicht erfunden: Der Berliner SPD- Chef Walter Momper, bis Ende 1990 Regierender Bürgermeister einer rot-grünen Senatskoalition, startet eine zweite Karriere als Baulöwe.

Seit Montag amtiert der Historiker als Generalbevollmächtigter der Immobilienfirma von Gert Ellinghaus — für Berliner ebenfalls kein Unbekannter. Bis 1985 leitete er die TV-Regionalsendung des SFB. Seine Ellinghaus GmbH verdiente ihre ersten Märker 1989 mit Wohncontainern für Aussiedler. Inzwischen betreut die Firma Wohnbau- und Gewerbeprojekte mit einem Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden Mark.

Momper soll sich nun um die Sanierung von Plattenbauten und um Stadtsanierung in Ostdeutschland kümmern. Seine Verbindungen aus der Politik könnten ihm vor allem im dritten Geschäftsbereich zugute kommen: Momper soll Aufträge der Bundesregierung an Land ziehen — für neue Regierungsbauten an der Spree.

Sein Amt als Parteichef will er behalten. Um Interessenkonflikte auszuschließen, werde es genügen, wenn er auf Gespräche mit den Berliner Behörden verzichte, hofft der SPD-Chef. Die Senatsbeamten könnten sich angesichts eines — so glaubt Momper — evt. künftigen Regierenden Bürgermeisters befangen fühlen.

Tatsächlich könnte der Einstieg in die Baubranche für den Politiker Momper das Aus bedeuten. Seine Parteifreunde haben ihre erste Verdatterung überwunden und spüren jetzt, daß der Schock tiefer ging. Die Sprecherin der Parteilinken reagierte bereits „sehr skeptisch“ — könnte doch die Partei in den Ruch allzugroßer Nähe zur berüchtigten Berliner Baubranche kommen. Auch Frank Bielka, Wortführer des rechten Flügels, formulierte sein Unbehagen: Es drohe die Gefahr einer Verquickung von Geschäft und Politik. Im Oktober wird ein neuer Vorsitzender gewählt; Walter Momper will erneut kandidieren. Ob seine Partei ihn noch einmal wählt, ist fraglich. Daß sich der SPD-Chef ein neues „Standbein“ neben der Politik verschaffen möchte, scheint auch seinen Parteifreunden verständlich. Die Übergangsgelder von 7.000 Mark netto, die er als ehemaliger Regierender Bürgermeister bezieht, fließen nur noch bis zum Jahresende. Dann blieben ihm nur noch seine Abgeordnetendiäten von 4.790 Mark. Seit seiner Abwahl hatte sich der um finanzielle Absicherung bemühte Momper immer wieder für neue Posten ins Gespräch gebracht — vergeblich. Nur die boomende Berliner Baubranche nahm ihn am Ende auf. „Ich gönne ihm jeden Job“, sagt ein Freund des Vorsitzenden. „Aber muß es gerade dieser sein?“ Hans-Martin Tillack