Teure Warnung vor dem Fahrlehrer

■ Opfer einer sexuellen Belästigung hatte sich per Flugblatt gewehrt

Zweihundertfünfzig Mark Schadensersatz muß eine Frau an ihren ehemaligen Fahrlehrer zahlen, weil sie sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und seine Persönlichkeit verletzt habe, urteilte das Bremer Landgericht.

„Warnung“ stand fett gedruckt auf den Flugblättern und Plakaten, mit denen sich die Bremerin an ihrem ehemaligen Fahrlehrer in Walle gerächt haben soll, der sie sexuell belästigt hatte: Während des Unterrichts hatte er die Frau gegen ihren Willen gestreichelt und geküßt. Die Frau brach den Unterricht ab. Doch als ein Jahr später Flugblätter in der Nähe der Fahrschule auftauchten, die zum Boykott der Schule aufriefen, konnte sich der Fahrlehrer noch gut an die Schülerin erinnern, mit der er „Ärger gehabt hatte“. Für ihn kam nur sie als Täterin in Frage. Über 20.000 Mark Schadenersatz und Schmerzensgeld wollte er ursprünglich von ihr haben: angeblich hätten vier FahrschülerInnen die Ausbildung bei ihm wegen der Flugblattaktion nicht aufgenommen, drei weitere sollen sie abgebrochen haben. Auch sein Familienleben habe unter den Vorwürfen gelitten.

Ein Ermittlungsverfahren, das die Fahrschülerin wegen sexueller Nötigung gegen den Lehrer angestrengt hatte, wurde unterdessen „mangels öffentlichen Interesses“ eingestellt. Die Bremer Innenbehörde hielt die Vorwürfe dennoch für erheblich genug, um dem Mann für drei Jahre die Erlaubnis zum Betreiben einer Fahrschule zu entziehen.

Einen materiellen Schadenersatz mochte das Gericht dem Fahrlehrer zwar nicht zugestehen, 250 Mark Schmerzensgeld erschienen den Richtern jedoch angemessen, da solche Flugblattaktionen in einem Rechtsstaat nicht angängig seien. Für den Fahrlehrer wird es trotzdem eine teure Klage: Er muß 95 Prozent der Prozeßkosten tragen. Die Anwältin der Beklagten findet das Urteil „von der Begründung her haarsträubend, weil das Opfer einer sexuellen Belästigung zur Täterin gestempelt wird“.

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