Heute pokern Koalitionspartner um Tempo 30

■ CDU, SPD und Verkehrsverwaltung verhandeln heute über 37 Straßen in den Westbezirken/ CDU versprach Wählern Tempo 50

Berlin. Die Position der Sozialdemokraten beim Gezerre um die Tempo-30-Zonen in den Westbezirken sei weiterhin »inhaltlich ganz klar«, behauptet Joachim Niklas, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD. Dennoch verhandeln heute die Sozialdemokraten mit ihrem Koalitionspartner CDU und dem Staatssekretär der Verkehrsverwaltung Ingo Schmitt (CDU) darüber, in welchen Straßen Tempo 30 aufgehoben werden soll.

Volker Liepelt, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, erklärt gegenüber der taz, daß seine Partei weiterhin die Pläne des Verkehrssenators in die Tat umgesetzt wissen will, nach denen in 37 Straßen wieder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt werden soll. Er könne sich allerdings vorstellen, daß »in einem oder anderem Fall« noch einmal geprüft werden müsse, ob eine Aufhebung von Tempo 30 sinnvoll sei. Er gehe nicht davon aus, daß es bei Tempo 30 zu einem »größeren« Streit in der Koalition kommen werde. Denn in der Vergangenheit habe man sich mit der SPD über eine ganze Reihe verkehrspolitischer Fragen geeinigt.

Obwohl die Position der SPD bei diesem Thema klar sei, müsse seine Partei Kompromisse machen, da sie nicht alleine, sondern gemeinsam mit dem Koalitionspartner regiere, sagte Niklas. Die Durchsetzung der eigenen Interessen sei mit einem ständigen Geben und Nehmen verbunden. Was die SPD »nehmen« wolle, wenn sie bei der Aufhebung von Tempo-30-Regelungen zustimme, vermochte Joachim Niklas allerdings nicht zu sagen: »Wir versuchen in der Sache eine Lösung zu finden.« Die CDU drängt auf Wiedereinführung von Tempo 50, weil sie im Wahlkampf 1990 versprochen hatte, »den Stau aufzuheben«. Neben verschiedenen Maßnahmen sollten auch die im Westteil der Stadt eingrichteten Tempo-30-Zonen überprüft werden. Verkehrssenator Herwig Haase hatte bereits vor über einem Jahr eine Liste von 41 Straßen fertiggestellt, in denen die Tempo- Reduzierung angeblich nicht sinnvoll sei, weil die Straßen wichtige Verbindungen innerhalb der Stadt bildeten oder der Busverkehr der BVG behindert werde. Die SPD hatte in den Sommerferien bei vier Straßen für die Einführung von Tempo 50 grünes Licht gegeben, obwohl die Partei bisher versprochen hatte, einer Aufhebung von Tempo 30 nur zuzustimmen, wenn die Bezirke und die betroffenen Anwohner gehört worden sind. Das ist in den meisten Fällen der 41 Straßen aber nicht geschehen. Eine Einführung von Tempo 30 in den Ostbezirken scheiterte bisher daran, daß die CDU dem nur zustimmen wollte, wenn in den Westbezirken Tempo 50 eingeführt wird. Heute wollen die Koalitionspartner offenbar auch über die Tempo-30-Einführung in den Ostbezirken verhandeln. Dirk Wildt