Co-op-Prozeß: Schweigen ist Gold

■ Bernd Otto hat sich's anders überlegt: Keine Aussage

Frankfurt (taz) — Da waren sie denn alle wieder da, die PressevertreterInnen im vor sich hindümpelnden Co-op-Prozeß im Saal 165C des Frankfurter Landgerichts. Sie warteten ebenso mit Spannung wie vergeblich auf die angekündigte Aussage des Ex-Vorstandsvorsitzenden der coop, Bernd Otto. Otto schwieg zur Sache — zum Vorwurf von Bilanzfälschung, Betrug und Untreue — ebenso wie seine sechs Mitangeklagten. Die schmutzige Wäsche um mögliche Mitwisser, Anstifter und Dulder in den gewerkschaftseigenen Konzernetagen blieb ungewaschen. Auf sie hatten Prozeßbeobachter gehofft, nachdem sich Otto auf den Gängen des Gerichtssaales schon beim ersten Anlauf des Prozesses im März als verfolgte Unschuld und Opfer einer Intrige der Bankenwelt gesehen hatte.

Gestern verkündete dann sein Rechtsanwalt, Karras, sein Mandant habe „von einer Aussage Abstand genommen“. Er begründete dies mit einem Hinweis des Vorsitzenden Richters, Gernot Bokelmann, daß das Gericht sich derzeit nicht intensiver mit der zeitraubenden rechtlichen Klärung der verwirrenden Firmenverflechtungen und -abhängigkeiten der coop in den 80er Jahren befassen wolle.

Das Gericht nahm Ottos Schweigen zum Anlaß, weiter mit der Verlesung der Akten, diesmal vor allem die Verträge und Beförderungen der Manager, fortzufahren, die sich diese gegenseitig unterzeichnet hatten. Die Gehälter bewegten sich durchweg in den sechsstelligen Zahlen und wurden durch Tantiemen und Prämien abgerundet.

Solange sich, zum Beispiel durch die Aussagen der Angeklagten, kein geänderter Verfahrensgang andeute, so kommentierte Bokelmann den anwaltlichen Protest gegen die Aktenverlesung, „bleibt uns gar nichts anderes übrig“. Auf Zweifel an der Echtheit der Unterlagen, die in den Akten nur als Kopien vorhanden sind, ließ sich das Gericht ebenfalls nicht ein. Heide Platen