Kohl will UN-Aktion unterstützen

■ Kabinett lehnt Waffenlieferungen ab/ SPD-Politiker fordern Sonderparteitag/ Grüne wollen serbische Friedensbewegung unterstützen/ Freiwillige sollen in den Flüchtlingslagern helfen

Bonn (dpa) — Die Bundesregierung will sich offenbar an der geplanten militärischen Absicherung von Hilfskonvois im früheren Jugoslawien beteiligen. Analog zu Kanzler Kohl, der sich von seinem Urlaubsort per Interview meldete, beschloß das Kabinett, aus verfassungsrechtlichen und historischen Gründen komme eine personelle Beteiligung der Bundeswehr nicht in Frage. Die Bereitstellung von Logistik und Gerät sei aber durchaus möglich.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes lehnte das Kabinett weiter Forderungen einzelner Unionspolitiker nach Waffenlieferungen für Bosnien und Kroatien ab. Dies verbiete das UNO-Waffenembargo. Im übrigen könne ein Krieg nicht durch Waffenzufuhr an die Konfliktparteien gestoppt werden.

Nach Kinkels Worten kommt Deutschland in eine schwierige Lage, wenn die Diskussion in ein Stadium eintritt, wo auch militärische und andere Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der UNO-Beschlüsse geprüft werden. Um die Handlungsfähigkeit Deutschlands in der internationalen Staatengemeinschaft als gleichberechtigtes und gleichverpflichtetes Mitglied herzustellen, sei die angestrebte Grundgesetzänderung notwendiger denn je.

Die Diskussion dieser Frage schlägt auch innerhalb der SPD weiter hohe Wellen. Verschiedene Funktionäre, darunter der verteidigungspolitische Sprecher Gernot Erler, forderten einen vorgezogenen Sonderparteitag, um zur Frage Grundgesetzänderung und UNO- Einsätze der Bundeswehr ein neuerliches Votum der Parteibasis einzuholen. Nach Parteitagsbeschluß hat die SPD sich auf die Beschränkung für Blauhelmeinsätze festgelegt.

Der Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber sagte: „Die SPD steht in der Pflicht, sich zu bekennen. Ich will keine deutschen Soldatenstiefel im ehemaligen Jugoslawien sehen, aber die Diskussion um die künftige internationale Rolle Deutschlands muß jetzt von der Basis geführt werden. Deshalb brauchen wir einen vorgezogenen Parteitag.“

Weißgerber forderte zugleich: „Dafür müssen sämtliche Delegierte neu gewählt werden. Sonst haben wir wieder dieselbe Diskussion und landen wie in den vergangenen Jahren in einer Sackgasse.“

Die Grünen haben zur Unterstützung der serbischen Friedensbewegung aufgerufen. Das Bundesvorstandsmitglied Helmut Lippelt und die Europa-Abgeordnete Claudia Roth reisten gestern nach Belgrad, um Gespräche mit Vertretern dortiger Friedensgruppen und anderer oppositioneller demokratischer Kräfte zu führen. Anstatt über Kriegsführungsstrategien zu diskutieren, sollte die Bundesregierung mit den serbischen Friedenskräften nach Möglichkeiten zur Beendigung des Bürgerkrieges sprechen.

Das „Komitee für Grundrechte und Demokratie“ hat Anhänger der Friedensbewegung dazu aufgerufen, in den Flüchtlingslagern des früheren Jugoslawiens humanitäre Hilfe zu leisten. Sie sollten „die Ärmel hochkrempeln“ und im Herbst und Winter auf eigene Kosten die seit Mitte Juli bestehende Gruppe „Internationale Freiwillige“ der Zagreber Antikriegskampagne unterstützen. Nach einer „Basisausbildung“ in den Flüchtlingslagern der kroatischen Hauptstadt solle der Einsatz für mindestens zwei Wochen in anderen Lagern weitergeführt werden.