„Willfährig an Krönings Leine“

■ Linke wollen Lage der Partei in der Ampel diskutieren / Neubesetzung des Senats zur Halbzeit gefordert

Nach längerer Tiefschlafphase meldet sich die SPD-Linke in der Öffentlichkeit zurück. In einem sieben Seiten-Papier zieht die SPD-UB-Ost-Linke nach acht Monaten Ampel eine vernichtende Zwischenbilanz. „Von den SPD-Senatsmitgliedern und aus der SPD-Bürgerschaftsfraktion kommen keine Impulse. Im Gegenteil: Der Bürgermeister und die sozialdemokratische Senatscrew stellen sich profil-und konzeptionslos dar. Die Fraktion folgt in ihrer Mehrheit diesem Vorbild, sie entwickelt nahezu keine Vorschläge zur Umsetzung des sozialdemokratischen Wahlprogramms“, heißt es unter der Überschrift „Keine neuen Konzepte und Impulse.

Die UB-Ost-Linke ist ein regelmäßig tagender Zusamenschluß von etwa 40 GenossInnen. Als Sprecher fungieren die Juso Vorsitzende Carmen Emigholz, die Landesvorständkerin Elke Steinhöfel, Carsten Sieling, Heinz- Gerd Hoffschen und neuerdings auch Herbert Brückner.

Die Linken wollen mit dem Papier eine Programmdebatte lostreten , an deren Ende aber auch personelle Konsequenzen gezogen werden sollen. „Die SPD steht vor der schwierigen Auf

Bitte die Karikatur

gabe, mitten in der Legislaturperiode ihre programmatische Zielbestimmung zu überarbeiten und zugleich personelle Neubesetzungen vorzunehmen, um so mit neuen Köpfen und Programmen in der Bevölkerung wieder zu überzeugen,“ heißt es in dem Papier.

Nach Einschätzung der UB-Linken sind die FDP-Senatoren die Absahner in der Koalition. Die Grünen könnten partiell Erfolge vorweisen, allein die SPD sei nach wie vor desolat. Den Grund sehen die AutorInnen vor allem in der Begrenzung der SPD-Senatspolitik auf die Haushalts

anierung. Dabei ist den Linken vor allem „Sanierungssenator Volker Kröning ein Dorn im Auge. „Unbestreitbar ist: Das Land muß eigene Vorschläge zur Verbessserung seiner politischen Handlungsfähigkeit entwicklen. Die Sanierungsvorschläge von Finanzsenator Kröning, der nun auch ohne jede politische Diskussion den Verkauf städtischen Vermögens anbietet, können nur als politisch verfehlt bezeichnet werden.“

Mit dem Haushalt, der in 14 Tagen durch die Bürgerschaft gehen soll, sind die UB-Ost-Linken nicht einverstanden. Während der Wirtschaftssenator seine Haushaltsanmeldungen nahezu vollständig durchgesetzt habe, seien die Investitionspläne der anderen Ressorts um teilweise 30 Prozen gekürzt worden. „Mit diesem Haushalt wird nicht nur Sparpolitik gemacht, sondern hier findet Umverteilung statt.“

Defizite sehen die Autoren vor allem in der Sozialpolitik. „Auf sozialpolitische Herausforderungen wie Drogenabhängigkeit und Obdachlosigkeit wird lediglich mit Worten reagiert, ohne Taten und Gelder folgen zu lassen. SozialdemokratInnen können eine derartig verfehlte Politik nicht hinnehmen“, heißt es. Die Forderung Horst Isolas, die erwarteten 535 Millionen Nachzahlung aus Bonn zur Milderung sozialer Härten einzusetzen sei „völlig richtig.“ Von der SPD-Fraktion erwarten die UB-Linken, „daß sie spürbare Veränderungen in der Haushaltsplanung verlangt und in der Koalition durchsetzt.“

Als Stadtstaat keine 10 Jahre mehr überlebensfähig

Eine Zukunft für das Bundesland Bremen sehen die AutorInnen einzig in einer offensiven Umlandpolitik. „Als Stadtstaat ohne Umland in der bestehenden Form sind wir keine zehn Jahre mehr lebensfähig“, heißt es. Und weiter: Notwendig sind Regionalverbände des Umlandes mit den Städten Bremen und Bremerhaven, die über eigene gebietskörperschaftliche Kompetenz mit demokratischen Strukturen verfügen. Dafür müßten Bremen und Niedersachsen einen Teil ihrer gesetzgeberischen Kompetenz abtreten, insbesondere in der Verkehrs-, Umwelt und Wirtschaftsstrukturpolitik.“ Ausgesprochen kurzsichtig seien Papiere aus dem Finanzressort, die bei Kooperationen nur finanzielle Nachteile sehen.

Bei Beibehaltung einer ausschließlichen Sparpolitik sehen die Autoren die SPD weiter auf der abschüssigen Bahn. „Gestalten kann vor allem der Finanzsenator, dessen Sanierungskonzept nahezu ohnmächtig zur Kenntnis genommen wird und an dessen Leine die anderen SenatorInnen denn auch willfährig hängen.

Wir werden Kämmererpartei

Sollte sich diese Auffassung von Regierungspolitik in der Bremer SPD durchsetzen, werden wir schlicht zu einer Kämmererpartei. Eine solche Politik verunmöglicht es SozialdemokratInne sich im Rahmen der Ampelkoalition wirksam zu profilieren.“

Sich selbst sehen die Linken als „strategisch eingekeilt“. Mit ihrer Unterstützung von Wedemeiers Ampeloption habe die SPD- Linke „das kleinere Übel“ stabilisert. „Für uns gab es zu Wedemeier faktisch keine Alternative. Die Folge heute: Die Rechten bauen ihre personelle Alternativen auf und wir starren wie das Kaninchen auf die Schlange.“

Die UB-Linken hoffen, daß der Landesvorstand die Lage der SPD in der Ampel auch auf einem Landesparteitag thematisiert. Die Chancen dafür sind nicht schlecht: Mehrere UB-Linke gehören dem Landesvorstand an und auch der SPD-Vorsitzende Isola fühlt sich der Parteigruppierung politisch verbunden. hbk