Verteilungskampf um den Hochschuletat

■ FU-Präsident Gerlach beklagt Bevorzugung der Humboldt-Universität/ Wegen Spardiktat des Finanzsenators bald FU-interner NC für alle Fächer?

Berlin. Um den Hochschuletat 1993 zeichnet sich ein Verteilungskampf zwischen den Hochschulen in West- Berlin auf der einen, der Humboldt- Universität und den Fachhochschulen in Ost-Berlin auf der anderen Seite ab. FU-Präsident Johann W. Gerlach ergriff gestern die Initiative und mahnte öffentlich, die Finanzierung des Aufbaus der Osthochschulen werde die FU in ihrer Funktionsfähigkeit schädigen. Die Westberliner Unis würden zur Kasse gebeten, während Hunderte von Millionen Mark zur Sanierung der Humboldt- Universität bereitstünden.

Als »Milchmädchenrechung« bezeichnete Gerlach bei seinem Vorstoß die Sparpläne von Finanzsenator Pieroth. Dieser hatte vorgeschlagen, die rechnerische Höchstlast der Studentenplätze an den drei Westberliner Hochschulen auf Dauer von 115.000 auf 100.000 Studienplätze zu senken, um so für den Landeshaushalt jährlich 300 Millionen Mark einzusparen. Durch eine Begrenzung der Studentenzahlen, so Gerlach, ließen sich tatsächlich aber nur 60 Millionen Mark einsparen. Nach Pieroths Plänen müßte die FU von ihren nominell 38.000 Studenten (tatsächlich sind 62.000 eingeschrieben) 10.000 Studenten und damit mehr als ein Viertel ihrer jetzigen Kapazität abgeben. Die zweitgrößte Hochschule der Bundesrepublik werde um die Verschärfung einer internen Zulassungsbeschränkung und deren Ausweitung auf alle Fächer nicht herumkommen.

Die Enttäuschung in der FU sitzt offenbar tief. FU-Sprecher Christian Walter warf dem Senat gestern »Hemdsärmligkeit« im Umgang mit den Hochschulen vor. So seien in den Finanzplanungen Vereinbarungen über Tariferhöhungen schlicht ignoriert worden, was die Universitäten vor neue Probleme stelle.

»Wir beschweren uns nicht, was das Geld betrifft«, sagte die Sprecherin der Humboldt-Universität, Susann Morgner, gestern zur taz. Ihre Hochschule müsse aber auch Stellen abbauen und sei nicht in der Lage, noch mehr Geld zu sparen, als sie es momentan schon tue. Die Enttäuschung in der FU verstehe sie aber.

Der Sprecher der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung, Helmut Lück, warnte davor, die Sparpläne und »die gebotene Notwendigkeit, die Hochschulen im Osten auf das Niveau derer im Westen zu bringen«, gegeneinander auszuspielen. Es sei aber richtig, daß die Hochschulen im Westen fünf Prozent Personalkosten und zwei Prozent an Sachmitteln einsparen müßten, während die Hochschulen und Fachhochschulen im Osten von dieser Vorgabe ausgenommen seien. Auch die Senatsverwaltung für Finanzen verteidigte ihre Sparpläne gegenüber der Kritik Gerlachs.

Am kommenden Dienstag wird der Senat über die Hochschulstruktur beraten und über Vorschläge entscheiden, die mittelfristig Einsparungen bringen sollen. Gestern nachmittag trafen die Präsidenten der Westberliner Hochschulen zu einem Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister Diepgen zusammen, dessen Ergebnis bei Redaktionsschluß noch nicht feststand. mon