24 Probejahre gehen zu Ende

■ Die SPD und die Grünen wollten das AKW Obrigheim für immer abschalten

Stuttgart (taz/dpa) — Gegen das älteste kommerzielle Atomkraftwerk in der Bundesrepublik, Obrigheim, sind seit den 80er Jahren alle früheren Oppositionsparteien im baden-württembergischen Landtag Sturm gelaufen. An vorderster Front im Kampf gegen den Reaktor im Odenwald standen stets die Grünen.

Sie fanden 1987 heraus, daß der nach ihren Worten „heißeste Ofen der Republik“ seit seiner Errichtung vor 19 Jahren ohne Genehmigung im „Probebetrieb“ lief. Aber auch die SPD forderte aus Sicherheitsgründen die Stillegung des 345 Megawatt starken Druckwasserreaktors. Die damals alleinregierende CDU hielt jedoch solange an dem Atommeiler fest, bis im Mai 1990 der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof den Betrieb der Anlage für illegal befand. Daraufhin sah sich der damalige Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) gezwungen, den Reaktor auszuknipsen.

Im Juni 91 hob jedoch das Bundesverwaltungsgericht in Berlin die Mannheimer Entscheidung wieder auf. Die Begründung: Zwar sei eine Schlußgenehmigung nach wie vor notwendig, die Anlage könne aber erst einmal auf der Grundlage der bisherigen Teilgenehmigungen betrieben werden, da das Gesetz nicht bestimme, was ein Probebetrieb sei und wann er ende. Das Stuttgarter Umweltministerium gab daraufhin im August 91 grünes Licht für das Wiederanfahren der Anlage. Gegen das Berliner Urteil ist noch eine Verfassungsbeschwerde der Klägergemeinschaft anhängig, die zunächst mit Erfolg in Mannheim geklagt hatte.

Hauptbetreiber des Atommeilers sind die EVS, das „Badenwerk“, die „Neckarwerke“ und die „Technischen Werke Stuttgart“ (TWS). Diese hatten dem Land wiederholt mit millionenschweren Schadensersatzklagen gedroht, falls Obrigheim keine Betriebsgenehmigung erhalte. So hatte der EVS-Vorstandsvorsitzende Wilfried Steuer eine Verpflichtungs- oder Schadensersatzklage erwogen, die „sich das Land kaum leisten“ könne. Udo Bünnagel