Baulöwe profitiert vom »fidelen Knast«

■ Der zu knapp vier Jahren Gefängnis verurteilte Geschäftsführer der Firma Data Domizil nutzt nach wenigen Monaten offenen Vollzug zu Geschäften

Berlin. Vom »fidelen Knast«, gegen den die CDU seit Monaten Sturm läuft, profitieren auch Leute, die den Christdemokraten nahestehen: Michael Kluge, Geschäftsführer der berüchtigten Baufirma Data Domizil, im November 1991 zu drei Jahren und zehn Monaten Knast verurteilt, geht seinem Gewerbe schon wieder nach. In der Charlottenburger Nehringstraße 12, die die Data Domizil modernisiert, »springt der Kluge auf der Baustelle herum«, stellten die Mieter dort erstaunt fest. Denn Kluge ist Freigänger, wie Justizsprecherin Uta Fölster bestätigte.

Die Data ist nicht seit gestern in den Schlagzeilen. Schon seit Jahren beschweren sich Data-Mieter über nervende Bauarbeiten, unkorrekte Abrechnungen und Streitigkeiten um Mietverträge. Im September 1988 räumten Polizei und Staatsanwaltschaft gar auf Veranlassung der Data ein Haus in der Gitschiner Straße in Kreuzberg — rechtswidrig, wie später gerichtlich festgestellt wurde. Im Januar 1989 durchsuchte die Kripo die Data-Geschäftsräume, was 1991 zur Verurteilung von Kluge und seinem Geschäftspartner Reinhard Truschkowski wegen Steuerhinterziehung und Beschäftigung von Schwarzarbeitern führte.

Daß Kluge nun wieder quasi auf freiem Fuß ist, freut seine Mieter gar nicht. Denn auch in der Nehringstraße gibt es Ärger: Bauarbeiten wurden mangelhaft ausgeführt und mußten nachgebessert werden, Mietverträge wurden verspätet vergeben, ein Seitenflügel steht heute noch leer. Eine Runde zwischen Senat, Wohnungsbaukreditanstalt und Bezirksamt stellte fest, daß es bei der Data »Finanzierungsschwierigkeiten« geben müsse, so der Referatsleiter der Senatsbauverwaltung, Geffers.

Obwohl Kluge noch vor einem Jahr in seiner Funktion als CDU- Mitglied seiner Partei auf deren Wunsch hin wohnungswirtschaftliche Ratschläge erteilte, übt die CDU heute keine falsche Solidarität. »Für Wirtschaftkriminelle dieser Art ist der offene Vollzug ungeeignet«, meinte Andreas Gram, rechtspolitischer Sprecher der CDU, auf Anfrage. Selbst wenn dem Mann nichts strafrechtlich Relevantes nachzuweisen sei, zeige sein Verhalten, daß er den offenen Vollzug für dubiose Geschäfte mißbrauche.

Berlin ist dafür bekannt, Gestrauchelten aus der Baubranche rasch die Hand zu reichen: Der wegen eines 120-Millionen-Kreditbetruges zu knapp vier Jahren verurteilte Architekt Dietrich Garski war nach einem Jahr Freigänger und wurde nach zwei Jahren wegen guter Führung entlassen. Der Baubetreuer Bernd Bertram, der das Land Berlin um Millionen von Mark erleichterte, mußte nur die Hälfte seiner fünfjährigen Haftstrafe verbüßen. Der wegen Bestechlichkeit zu fünf Jahren verurteilte Charlottenburger CDU-Baustadtrat Wolfgang Antes saß nur 404 Tage. Eva Schweitzer