Schreiende Kombinationen meiden

■ Die Ausstellung „AmaNdebele — Farbsignale aus Südafrika“

Wie der gesamte afrikanische Süden hat auch das ehedem selbständige kleine Königreich KwaNdebele viel mitgemacht: 1910 als britische Kolonie zwangsweise in die „südafrikanische Union“ eingemeindet, litten auch seine Einwohner nach Südafrikas Unabhängigkeit unter dem Apartheid-Regime der weißen Buren. Rund 17.000 Männer des Volkes der Ndebele müssen ihren Lebensunterhalt als Pendler in den Fabriken und auf den Farmen der Weißen suchen. Tägliche Busfahrten von über vier Stunden sind für sie die Regel.

Den Frauen der Ndebele, den AmaNdebele, ist es gelungen, die kulturelle Identität ihres Volkes zu wahren, wie eine Ausstellung im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum für Völkerkunde zeigt. „AmaNdebele — Farbsignale aus Südafrika“ ist in Zusammenarbeit mit dem Berliner „Haus der Kulturen der Welt“ entstanden. Neun Künstlerinnen der Ndebele zeigen hier jene Kunst, die in ihrem Volk von Generation zu Generation allein unter den Frauen weitergegeben wird. „Meine Mutter lehrte mich, wie man gerade Linien und scharfe Ränder malt und Fehler verbessert“, erzählt die Künstlerin Angelika Ndimande im umfassenden Ausstellungskatalog. „Ich begann, die Harmonie der Farben zu verstehen. Schreiende Kombinationen wie Rot und Gelb muß man vermeiden. Wir ziehen ruhigere Farben wie Blau und Grün vor, Blau und Gelb oder Braun und Gelb. Das entspricht eher dem menschlichen Auge. Wenn ich eigene Muster einführen wollte, mußte ich es meiner Mutter gegenüber begründen, und wir einigten uns.“

Seit Generationen haben die AmaNdebele-Frauen vor allem die Aufgabe, die Hausfassaden und Hüttenwände ihres Volkes mit der kraftvollen Farbigkeit ihrer jeweils individuellen Farb- und Formensprache zu überziehen. Ein aus eigens für Deutschland von den AmaNdebele bemalten Holzpanelen gestalteter Saal im Kölner Museum gibt eine Vorstellung von diesen Häusern. Auf ihrer aus Lehm gemauerten umlaufenden Bank spielt sich ein großer Teil des sozialen Miteinanders der Ndebele ab. Großformatige Farbfotografien und Videofilme zeigen ergänzend die Originalhäuser der Ndebele im Süden Afrikas. Für die Initiationsfeste und -riten der Gemeinschaft fertigen ihre Frauen zudem in ähnlichen Mustern ihren traditionellen Perlenschmuck.

Der Gefahr, in die kultur-idyllische Verklärung dieser Form von innerer Widerstandskunst abzugleiten, erliegt die Kölner Ausstellung bei aller spürbaren Faszination nicht. Deutliche Schwarzweiß-Fotografien von David Goldblatt, die im sorgfältig erarbeiteten Katalog auch kommentiert werden, erinnern unmißverständlich an das Elend der täglichen Pendler zwischen KwaNdebele und Pretoria. Und auch aus der Kunst der AmaNdebele selbst läßt sich ablesen, daß sie sich dem Einfluß ihres politischen und sozialen Umfeldes letztlich doch nicht ganz entziehen können: Vor allem in den Werken der jüngeren Künstlerinnen tauchen in den letzten Jahren auch Muster auf, die bewußt an die Gestalt von Flugzeugen und Autos angelehnt sind. Ein mit Glasperlenbändern umwickelter Tanzstab hat die Form eines Telegrafenmastes. Stefan Koldehoff

„AmaNdebele — Farbsignale aus Südafrika.“ Rautenstrauch-Joest- Museum für Völkerkunde, Köln. Noch bis zum 22.November 1992.

Katalog: 300 Seiten mit zahlreichen Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen, Paperback, Verlag Ernst Wasmuth, Tübingen. Im Museum 42DM.