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Alleskönner

■ Das Alvin Ailey American Dance Theatre gastiert in Köln

Charlie Parker klingt vom Band. Kurze Schrittkombinationen, prächtige Kostüme, die Tänzer und Tänzerinnen proben Abläufe. Noch nichts Aufregendes, Jazzdance, wie man ihn kennt, eine Probe eben. Dem brillanten Musiker Charles Parker ist diese Hommage gewidmet: „For ,Bird‘ with Love“ heißt die Choreographie von Alvin Ailey. Ob Jazzdance oder Modern Dance, African, Tap Dance, Horton-, Dunham- und Graham Technik, klassisches Ballett — Alvin Ailey propagierte den „totalen Tänzer“, die „totale Tänzerin“. Er wollte Arbeitsmöglichkeiten für schwarze TänzerInnen schaffen, die alles können sollten, egal ob Musical oder Film, Revue oder Ballett. Über 2.000 SchülerInnen besuchen Kurse in seinem American Dance Center in New York.

Kunst und Musik von Schwarzen auf die Bühne zu bringen, war das Anliegen von Alvin Ailey, als er vor 34 Jahren seine Compagnie gründete. 1958 fand die erste Aufführung im YMCA in New York statt. Weit größeren Erfolg hatte die Truppe zunächst im Ausland, denn die Rassentrennung in den USA verhinderte manchen Auftritt. Bei Lester Horton in Kalifornien ging Ailey in die Schule; die Horton Group war eines der ersten Ensembles mit TänzerInnen unterschiedlicher Hautfarbe. Erst kurz zuvor, in den Vierzigern, hatten Katherine Dunham und Pearl Primus als Pionierinnen dem schwarzen Tanz und seinen afro-karibischen Wurzeln die Bühne erkämpft. Nach und nach ließ auch die Rassentrennung im Publikum nach.

Am Abend auf der Bühne der Kölner Philharmonie: „Hidden Rites“, schnelle, stakkatoartige Töne, erzeugt von Holzinstrumenten. Die Tänzer und Tänzerinnen tragen hautenge Anzüge und Tätowierungen auf die Beine gemalt, das Licht ist gelb. Ein Faun tritt auf mit verfilzt aussehenden Haaren, Dreadlocks. „Hidden Rites“ stammt aus dem Jahre 1973. Ich fühlte mich an Techno-Pop erinnert, an Gliederpuppen, Roboter. Trotz des Themas wirkt der Tanz nie ethnisch, die Musikherkunft ist nicht identifizierbar, wenngleich manchmal asiatische Töne durchklingen. Rhiten gibt es in allen Kulturen, in allen Zeiten, Rituale sind unter alltäglichen Bewegungen verborgen.

Auf dem Programm in Köln stand natürlich auch „Revelations“, das meistgetanzte Stück des Ailey-Repertoires, eine Choreographie aus dem Jahr 1960 über die Sklaverei. Seine Kindheit in Texas, die Baptistengemeinde, wo er auf dem Schoß seiner Mutter saß, hatte ihn dazu inspiriert: „Es war eine schreckliche Zeit“, sagte Ailey einmal in einem Interview, „sehr rassistische Bedingungen, aber auch viel Schönheit.“

Spirituals dienen als Musik zu den Tanzszenen von Mühe und Verzweiflung, für die Prozession zum Fluß die hellblaue, flatternde Stoffbahn auf der Bühne. Und es gibt ausgelassene Szenen am Ufer, Tänzerinnen und Tänzer tauchen ein ins Wasser, in weißen, flatternden Gewändern, unter Sonnenschirm und Palmwedeln.

Alvin Ailey starb im Dezember 1989; seither leitet Judith Jamison die Truppe und die Schule. Vor über dreißig Jahren begann sie bei Ailey, arbeitete dann mit verschiedenen Kompagnien auch in Europa und gründete ihre eigene Gruppe, das „Jamison Project“. Sie steht für Kontinuität: eine Mischung aus bewährten und neuen Stücken. In Köln neu dabei: „Dance at the gym“, eine Choreographie, die Donald Byrd für das Tanztheater Alvin Ailey entwarf. Ein Lehrstück in Sachen Coolness: Männer und Frauen trainieren zu HipHop-Klängen im Fitneß-Studio, jeder mit dem Spiel der eigenen Muskeln beschäftigt. Nach den harten Rhythmen setzt Bläsermusik ein. Jetzt wird gemeinsam trainiert, in Gruppen. Am Schluß bleibt ein Paar zurück: Die Coolness ist weggetanzt. Marianne Lange

Das Alvin Ailey American Dance Theatre ist noch bis zum 20. August in der Kölner Philharmonie zu sehen.

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