■ Ein Hobby-Forscher auf der Spur der Blutsauger
: Obervampir gegen Jesus Christus

Obervampir gegen Jesus Christus

Frankfurt/Main (dpa) — „Ich fand den Roman vor 18 Jahren auf dem Flohmarkt, las ihn und erkannte: an dem Ding ist noch mehr dran.“ Das „Ding“ war Bram Stokers „Dracula“-Roman. Seitdem ist der Frankfurter Hans Meurer auf der Spur der Vampire.

Die Plüschfledermaus am Fenster, die Dracula-Marionette an der Bücherwand sind allerdings eher schmückendes Beiwerk der psychologischen, theologischen und philosophischen Abhandlungen, die die Regale des Hobbyforschers füllen. Nicht alle nehmen die schaurigen Legenden so ernst wie Meurer. „Aber mit dem Gelächter kann ich sehr gut leben“, lächelt der gelernte Historiker und Philosoph. Oft genug verschafften ihm die Skeptiker Genugtuung, wenn sie bei Kerzenschein zu nächtlicher Stunde sein fachmännisches Urteil wollten. Gibt es sie etwa doch, die gierigen Blutsauger aus dem Reich der Toten?

„Rational glauben die meisten Leute nicht an Vampire. Tief in ihrem Inneren sind sie allerdings doch verunsichert“, versucht Meurer den „heiligen Schauer“ zu erklären, der die Faszination der Vampirlegenden ausmache.

Besonders verbreitet sei der Glaube an Vampire in einsamen Gegenden, in denen die Menschen mit der Natur zu kämpfen hätten: „Naturvorgänge werden mit Namen und Mythen belegt, und am Ende stehen Geisterfiguren.“

Auch wenn die Heimat der Vampire allgemein in Transsylvanien vermutet werde, habe es zu allen Zeiten und in ganz verschiedenen Kulturen vergleichbare Figuren gegeben. Schon die Griechen und Römer glaubten an die Existenz eines weiblichen Vampirs.

Die Faszination des Bösen lasse Dracula zu einer schillernden Figur werden, meint Meurer. Die Hintergründe lägen jedoch tiefer: „Der Obervampir ist theologisch betrachtet der Gegenspieler von Jesus Christus. Er opfert sein Blut nicht, sondern nimmt es sich von seinen Opfern. Auch der Vampir überwindet den Tod, aber bei ihm stehen Tod, Blut und Sexualität in einem engen Zusammenhang.“ Der Biß eines Vampirs sei deshalb auch psychologisch als teils erotischer, teils sadistischer Kuß zu deuten. Berichte über „lebende Tote“ lassen sich Meurer zufolge durch vorzeitige Begräbnisse während der Pestepidemien im Mittelalter erklären.

Daß die meisten Vampire angeblich bevorzugt ihren Freundes- und Familienkreis aufsuchen, wundert den Vampirologen überhaupt nicht: „Weil sich niemand vorstellen kann, gerne tot zu sein, wird unterstellt, daß die Toten gerne zu den Lebenden zurückkehren. Manche Vampire wollen allerdings erst einmal eine Familie gründen — in New York gibt es für sie eine Partnervermittlung.“