Die Tropen trauern nicht mehr

■ Seit 27 Jahren steht Zaire unter der Fuchtel des Diktators Mobutu. Nun scheint seine Zeit endgültig abgelaufen

Hochstimmung herrscht seit dem Wochenende in Zaires Hauptstadt Kinshasa. Die verarmte Vier- Millionen-Metropole am Kongo-Fluß, die bei den Ausschreitungen marodierender Soldaten im vergangenen Herbst geplündert und teilweise zerstört worden war, erlebte in den vergangenen Tagen Freudenfeste; Tausende von Menschen tanzten auf den Straßen, die Kirchenglocken läuteten, Kneipen und Bars senkten ihre Alkoholpreise.

Anlaß der ungewohnten Jubelstimmung: die Ernennung Etienne Tshisekedis, Volksheld der Opposition gegen die diktatorische Herrschaft Präsident Mobutus, zum Premierminister. Zu mehr als zwei Dritteln bestimmten die 2.700 Delegierten der von der Opposition beherrschten Nationalkonferenz über politische Reformen ihre Galionsfigur zum neuen Ministerpräsidenten. Damit setzte sie die erste Stufe ihrer im Juli beschlossenen „Übergangscharta“ in die Tat um.

Im Juli hatte Diktator Mobutu noch geschäumt. Das Vorgehen der Nationalkonferenz sei „Verfassungsbruch“, hatte er im Fernsehen erklärt. Jetzt aber herrscht — zumindest auf der Oberfläche — gütliche Einheit. Es war Mobutus Informationsminister, der die Wahl Tshisekedis bekanntgab, und der sagte, eine Kommission werde gegründet, um eine neue Verfassung auszuarbeiten. Und Mobutu selbst beteuerte, er werde sich dem Oppositionsführer nicht in den Weg stellen — zunächst war noch befürchtet worden, er werde Tshisekedis Ernennung nicht akzeptieren und eine Staatskrise heraufbeschwören. Der Mobutu-treue bisherige Premierminister Nguza Karl I Bond kündigte freie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen innerhalb von acht Monaten an. Und Tshisekedi selbst rief im Radio zur „nationalen Versöhnung“ auf. Er werde allen vergeben, die ihm bei seinem Kampf um Demokratie zu schaden versucht hätten.

Ein möglicher Streitpunkt zwischen der alten und der neuen Macht steht jedoch schon fest: der Wahltermin, der für die Opposition zu früh für eine faire Vorbereitung ist. Außerdem ist ungeklärt, ob Mobutu tatsächlich seine von der Nationalkonferenz vorgesehene Machtbeschränkung akzeptiert. An der Frage des Oberbefehls über die Streitkräfte, die als unkontrollierter Staat im Staate gelten, war der letzte Versuch Tshisekedis im vergangenen Oktober gescheitert, als Premierminister eine Demokratisierung Zaires durchzuziehen. Als Mobutu den neuen Regierungschef jetzt akzeptierte, machte er zum selben Moment deutlich, er würde das Oberkommando auf jeden Fall für sich behalten wollen. Denn mit der Befehlsgewalt über das Militär steht und fällt die Macht des Diktators.