Party der republikanischen Rechten

Wahlparteitag in Houston verabschiedete Plattform: Verfassungszusatz soll Abtreibung verbieten  ■ Aus Houston Andrea Böhm

Gleich am ersten Abend regnete es Luftballons — als hätte irgendeiner befürchtet, am Ende des Parteitags der Republikaner könnte es nichts mehr zu feiern geben. Tatsächlich ist George Bush dieser Tage wenig erspart geblieben: Gerüchte über eine Affäre; Meinungsumfragen, die den Rückstand auf seinen demokratischen Gegenkandidaten Bill Clinton auf über 20 Prozent beziffern; vor allem aber Spekulationen über den Gesundheitszustand des Präsidenten. Von Konzentrationsschwierigkeiten und kleineren Black-Outs ist die Rede, während im Fernsehen auffallend oft die Bilder von Bushs Bodenkontakt beim letzten Staatsbesuch in Japan wiederholt werden.

Doch die Rück- und Tiefschläge der letzten Monate waren am Montag abend vergessen, als Ronald Reagan das Podium betrat. Der Mann, der nach Angaben seiner Assistentin „immer noch so hart arbeitet wie im Weißen Haus — von zehn bis drei“, erwies sich wieder einmal als rhetorisches Naturtalent. Über eine halbe Stunde lang versetzte er die Delegierten in Zeiten, als der Zugriff der Republikaner auf das Weiße Haus garantiert schien und demokratische Gegenkandidaten eine zu vernachlässigende Größe waren. Dankbar hörte sich das Parteivolk Beschwörungen US-amerikanischer Tugenden wie Gottesfurcht, Optimismus und Individualismus an und klatschte wild entschlossen, als Reagan erklärte: „Amerikas beste Zeiten liegen noch vor uns.“ Die Delegierten revanchierten sich für den Nostalgieschub mit frenetischem Beifall und Sprechchören, die in den Ohren von George Bush etwas zu laut geklungen haben mögen.

Der Parteitag ist in erster Linie eine Party des rechten Flügels. Die Plattform, die am Montag ohne Debatte verabschiedet wurde, brüskiert die liberalen Mitglieder, von denen sich bislang nur wenige in Houston gezeigt haben. In dem Papier spricht sich die Partei gegen Aufklärungsunterricht an den Schulen aus, gegen Ehe für homosexuelle Paare und für einen Verfassungszusatz, der Abtreibung verbietet. Den Befürwortern der Abtreibungsfreiheit gelang es nicht, das Thema im Plenum noch einmal zur Diskussion zu bringen. Damit ist klar, daß es zu keinen öffentlichen Auseinandersetzungen kommen wird. Man will ganz offensichtlich die Reihen hinter George Bush geschlossen wissen.

Wer immer noch Zweifel an der Marschrichtung für die Endphase des Wahlkampfes hatte, der wurde durch die Rede Pat Buchanans, Bushs innerparteilichem Widersacher, belehrt: Der ehemalige TV- Kommentator versicherte George Bush seine Unterstützung und markierte dann die Angriffspunkte beim Gegner: Abtreibung, Schwule, Atheisten — vor allem aber Bill Clintons eheliche Untreue und sein erfolgreiches Manöver, dem Vietnam- Krieg zu entgehen. Buchanan, dessen rhetorische Attacken manchmal an Franz-Josef Strauß erinnern, bezeichnete den demokratischen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, Al Gore, als „Umweltextremisten, dem Insekten, Ratten und Vögel wichtiger sind als Familien und Arbeitsplätze“.

Zwar hatte George Bush in den letzten Tagen immer wieder versichert, man werde keine Schläge unter die Gürtellinie austeilen. Doch im republikanischen Wahlkampfteam hat man offensichtlich eine neue, flexiblere Strategie entwickelt. Mitglieder des Teams (nie Bush selbst) werfen mit Schlamm — und entschuldigen sich einen Tag später. So geschehen am Montag, als Clinton als „Schürzenjäger“ bezeichnet und gefordert wurde, eheliche Treue zum Kriterium für die Präsidentschaftswahlen zu machen.

In Houston stellt man sich für die nächsten Tage auf mehr und härteres „Clinton-Bashing“ ein. Auch der Präsident ist in seinen öffentlichen Auftritten um einiges lebhafter und entschlossener geworden — vorausgesetzt, er kann sich durchgehend konzentrieren. Das mag auch damit zusammenhängen, daß Bush einen neuen Redenschreiber eingekauft hat. Der Mann heißt Steve Parvin und weiß, wie man Produkte aggressiv vermarktet: Er war vorher PR- Mann bei der Junk-Food-Kette „Kentucky Fried Chicken“.