"Da bleibt nur die Adoption"

■ Fünf heiratswillige schwule Paare blitzten gestern beim Eimsbüttler Standesamt ab

Gutgelaunt und schick gekleidet haben fünf schwule Paare gestern beim Standesamt Eimsbüttel ihr Aufgebot beantragt. Sie beteiligten sich an der „Aktion Standesamt“, zu der bundesweit zwei Schwulenverbände aufgerufen hatten. Drei der heiratswilligen Männerpaare konnte der Standesbeamte nicht in den Stand der Ehe helfen, weil sie ihren Wohnsitz nicht im Bezirk Eimsbüttel haben. Den anderen händigte er ein Schreiben aus: „Sie haben erklärt, daß sie beide dem männlichen Geschlecht angehören.“ Da die Eheschließung zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht zulässig sei, müsse das Amt den Antrag ablehnen.

„Das war vorher klar, aber damit können wir jetzt vors Amtsgericht“, sagt Dieter Heinsohn. Fürs Standesamt hat er eigens einen schwarzen Sakko mit roter Fliege angelegt. „Wir wollen schon seit zwei Jahren heiraten, heute versuchen wir es das erste Mal offiziell.“ Sie seien bereit, bis vor's Bundesverfassungsgericht zu gehen. „Es geht vor allem um die rechtliche Gleichstellung“, erklärt sein Partner Harald Burmeister. Beispielsweise dürfe er seinen Freund nicht besuchen, wenn er im Krankenhaus auf der Intensivstation liege, denn dort würden oft nur Familienangehörige reingelassen. Auch das Erbschaftsrecht benachteiligt Homosexuelle und andere Unverheiratete. Die gesetzlichen Erben haben einen Anspruch auf ihr Pflichtteil. Ist die Familie groß, bekommen Geschwister, Eltern oder Kinder den Löwenanteil, der Partner geht leer aus. Nur Ehegatten können sich gegenseitig als Vollerben einsetzen.

Auch steuerlich sind gleichgeschlechtliche Lebensgefährten gegenüber Verheirateten im Nachteil. Finanziert ein Partner beispielsweise dem anderen die Ausbildung, kann er diese Ausgaben nicht wie

1Eheleute von der Steuer absetzen.

„Da bleibt nur die Adoption“, sagt Harald Burmeister. Schließlich habe Gustaf Gründgens seinen Freund und Greta Garbo ihre Freundin adoptiert, um sie abzusichern und am Erbe zu beteiligen.

Der Standesbeamte Wolfgang Hesselbarth waltete gestern freundlich seines Amtes: „Ich stehe 1

2allen Paaren, die zu mir kommen unvoreingenommen gegenüber“, erklärte der Beamte. Er habe die Männer beraten, daß sei seine Pflicht, und ihnen den Rechtsweg aufgezeigt. Mit der Ablehnung von seiten des Standesamtes könnten sie nun direkt das Amtsgericht anrufen und sich von dort durch alle Instanzen bis hinauf zum Bundes-

1verfassungsgericht klagen.Lesbische Paare erschienen gestern nicht im Eimsbüttler Standesamt. Eine Besucherin, die das heiratswütige Treiben beobachtete, vermutet: „Frauen lehnen die Ehe ab, weil sie eine Institution des Patriarchats ist, oder sie haben schlechte Erfahrungen damit gemacht.“

Vera Stadie