: Bürgermeisters Stromsparprogramm
■ Aufsichtsratsvorsitzender bezog jahrelang Energie zum halben Preis
Was dem Stadtwerke-Elektriker Willi Wagner recht ist, war Bürgermeister Klaus Wedemeier jahrelang billig. Wie die Mitarbeiter der Stadtwerke bezog auch Klaus Wedemeier, als er Aufsichtsratsvorsitzender wurde, Energie zum halben Preis.
Mit 3,3 Millionen Mark subventionieren die Stadtwerke jährlich die Energiekosten ihrer Mitarbeiter. So steht es in der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen, die der Senat am Dienstag verabschiedete. Weil es sich dabei um Bestandteile des Einkommens handelt, soll an dieser Regelung nicht gerüttelt werden. Aber auch die zahlreichen hochdotierten Mitarbeiter, die ihre Gehälter aushandeln und außertariflich bezahlt werden, bekommen die 50 Prozent Kostenreduzierung noch mal auf das Gehalt drauf, einschließlich der drei Vorstandmitglieder, die zusammen im letzten Jahr 960.000 Mark bezogen. Daß diese Sonderzuwendungen bei den zu veröffentlichenden Bezügen der Vorstandsmitglieder auftauchen, kann sich Stadtwerkesprecher Bernd nicht vorstellen.
Doch die betriebsklimafördernde Mapnahme erstreckte sich auch auf die Ober-Kontrolleure des Unternehmens: Auch die Aufsichtsratsvorsitzenden sollen diese nette Geste der Stadtwerke gerne angenommen haben. Mit dem Bonus verschafften sich die Aufsichtsratsvorsitzenden, einen durchschnittlichen Stromverbrauch zu Grunde gelegt, einen Vorteil von rund 500 Mark im Monat. „Dieses Deputat war üblich von Kaisen bis Wedemeier“, meinte gestern jedenfalls Senatspressesprecher Klaus Sondergeld. Wedemeier habe die Stadtwerke jedoch im Frühjahr gebeten, diese Regelung zu stoppen, da dies „nicht mehr zeitgemäß sei.“
Andere Aufsichtsratsvorsitzende können sich dagegen an die Sondervergütung nicht erinnern. Der ehemalige Finanzsenator Moritz Thape meinte: „Ich habe meines Wissens keine Deputate bezogen. Mitgeteilt worden ist mir jedenfalls nichts.“ Und Alt-Bürgermeister Hans Koschnick erinnert sich an das genaue Gegenteil. Er habe Anfang der 70er Jahre einen Beschluß herbeigeführt, daß Aufsichtsratsmitglieder keine Deputate bekommen. Er selbst habe keine Vergünstugungen erhalten, sondern den normalen Haushaltstarif gezahlt. Dies will sich Koschnick jetzt von den Stadtwerken schwarz auf weiß geben lassen.
hbk
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