MIT DEM RAUSSCHMISS AUF DU UND DU: Aktion Säuberung
■ VW-Mexiko siebt oppositionelle Mitarbeiter aus
Berlin (taz) — Nach den Plänen des VW-Managements im mexikanischen Puebla sollte die Produktion in dem vier Wochen lang bestreikten Werk am Donnerstag wieder anlaufen. Am Dienstag wurde mit der Wiedereinstellung der Belegschaft begonnen. Nach einer Ankündigung des Vorstandsvorsitzenden Martin Josephi soll dabei kräftig gesiebt werden: „Rädelsführer und Gesetzesbrecher“, so der Manager, sollen nicht wieder eingestellt werden. Betroffen davon sind rund zehn Prozent der bisherigen Belegschaft — bei einer bisherigen Belegschaftsgröße von rund 14.500 Beschäftigten kommt das einer politischen Massenkündigung von etwa 1.500 Arbeitern gleich.
Mit dieser in deutschen Betrieben unvorstellbaren politischen Säuberungsaktion will das VW- Management sich offensichtlich eine handverlesene Gewerkschaftsbasis zusammenstellen. Die bisherige Gewerkschaftsführung, die das Vertrauen eines Großteils der Belegschaft vor und während des vierwöchigen Arbeitskonflikts verloren hat, scheint zu derartigen Handlangerdiensten für das Management bereit. Sie will mit der Geschäftsführung einen neuen Manteltarifvertrag abschließen, durch den die individuellen Arbeitsverträge der VW-Beschäftigten geregelt werden. Dadurch entledigt sie sich des aktiven Kerns der innergewerkschaftlichen Opposition. Ob sie sich allerdings mit dieser Spaltungsstrategie durchsetzen kann, ist noch nicht entschieden. Die Opposition hat angekündigt, daß sie Revision gegen ein Urteil des mexikanischen Arbeitsgerichts einlegen will, in dem die Aufkündigung des Manteltarifvertrages und damit die Entlassung der gesamten Belegschaft für rechtens befunden wurde. Auch der mexikanische Arbeitsminister hat dieses Urteil heftig kritisiert.
Die Konzernzentrale in Wolfsburg nahm zu dem radikalen Vorgehen des VW-Managements in Puebla bisher noch nicht Stellung. Auch IG Metall und VW-Betriebsrat haben sich noch nicht öffentlich geäußert, wollen sich aber je nach Stand der Informationen aus Mexiko weitere Schritte vorbehalten. Nach Informationen der IG Metall sei in der neuen Vereinbarung zwischen der bisherigen, von der Opposition heftig kritisierten Betriebsgewerkschaftsleitung und dem Management festgelegt worden, 14 besonders exponierte oppositionelle Gewerkschafter nicht wieder einzustellen. Aber wenn keine Straftaten vorlägen, sei das inakzeptabel.
Es gibt nach wie vor keine direkte Verbindung zwischen den mexikanischen Gewerkschaftern und der IG Metall beziehungsweise dem VW-Gesamtbetriebsrat. Beide tun sich offenbar schwer, in dem innergewerkschaftlichen Konflikt ihrer mexikanischen Kollegen Stellung zu beziehen. Martin Kempe
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