Geheimes unter Glas

■ Neue Widersprüche in der Magdeburger Spitzel-Affäre

Magdeburg (taz) — „Licht durch Öffentlichkeit“ — unter diesem Motto veröffentlichte die Fraktion Bündnis90/Grüne im Landtag von Sachsen-Anhalt am Donnerstag zwei Vermerke, die der Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Magdeburg, Jürgen Schaper, im Lauf der Spitzelaffaire um Umweltminister Rauls angefertigt hatte. Sauber unter Glas gerahmt, hängen die als „geheim“ eingestuften Vermerke in der Nähe der Fraktionsräume im Landtagsflur.

„Beide Vermerke lassen durchaus den Schluß zu, daß Schaper im Auftrag eines anderen bei seiner Quelle in Hannover nachgebohrt hat“, sagte der Fraktionschef des Bündnis 90 im Landtag, Tschiche. „Die Frage ist nur, ob das Bundesamt in Köln oder die Landesregierung in Magdeburg dieser Auftraggeber ist.“

Die beiden Vermerke Schapers gingen an die Magdeburger Staatskanzlei und an das Innenministerium, nicht aber an das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Schaper hat sie offenbar nur in der Magdeburger Außenstelle des Bundesamtes archiviert.

Merkwürdig erscheinen Tschiche im Zusammenhang mit dieser Affaire auch Aussagen von Sachsen- Anhalts Ministerpräsident Münch, der bislang seine Hände in Unschuld wäscht. In einer Pressekonferenz nach der ersten Spiegel-Veröffentlichung habe Münch gesagt, „daß nach dem 1. 10. 1991 die Sache zu den Akten gelegt worden sei“.

Offenbar ist das nicht die Wahrheit, findet Tschiche. „Wir sind nach wie vor der Meinung, daß in dieser Angelegenheit auch Münch eine dubiose Rolle gespielt hat.“ Eberhard Löblich