Bundesregierung soll für KZ-Gedenkstätten zahlen

■ SPD bringt Antrag im Bundestag ein

Berlin (taz) — Sorgfältig und behutsam muß sich Deutschland seiner Vergangenheit erinnern. Was in der Regel selten passiert. Streit um Entschädigungen für Nazi-Opfer, verbale Entgleisungen, zynischer Umgang mit den Tatorten der Verbrechen zeigen, wie agiert und argumentiert wird im Vorzeigeland der Vergangenheitsbewältigung. Da soll aus dem Boden ehemaliger KZs Spekulantenkapital geschlagen werden, während die Gedenkstätten der Vernichtung verrotten.

„Erinnerung ist das Wenigste, was wir für die Opfer tun können“, haben die Bundestagsabgeordneten Freimut Duve und Sigfried Vergin erkannt. In zwei Anträgen der SPD-Fraktion, die sie gestern in den Bundestag einbrachten, erläutern sie grundlegende Positionen zu den Gedenkstätten im In- und Ausland. „Die Bundesrepublik Deutschland ist Erbe der Spuren von zwei sehr unterschiedlichen Diktaturen“, heißt es. „Dabei stellt sich die Aufgabe, neu über die Formen der Erinnerung und über die zukünftige Rolle des Bundes nachzudenken. (...) Der Unfähigkeit zu Trauern darf nicht eine Unfähigkeit zum Erinnern und Mahnen folgen.“

Der Bund soll sich nach diesen Vorstellungen zur Hälfte an Errichtung und Erhalt von Gedenkstätten beteiligen. Bislang ist dies ausschließlich Sache der Länder. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, „sich in angemessener Weise mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt an Maßnahmen zu beteiligen, die dazu dienen, Gebäude ehemaliger NS-Konzentrations- und Vernichtungslager in Osteuropa zu restaurieren, die Gelände zu schützen und als Gedenkstätten zu erhalten.“

„Unsere Generation“, sagt Freimut Duve, „hat mit Auschwitz- Ikonen im Kopf gelebt.“ Bei den Jugendlichen von heute habe sich das grundsätzlich verändert. Ihre „Bewußtseinskultur“ und das „Abstumpfen“ durch die täglichen Fernsehbilder müsse berücksichtigt werden, wenn man ihnen die deutsche Geschichte nahebringen wolle. Der Antrag der SPD fordert daher auch eine 50prozentige Beteiligung des Bundes bei politischer Bildung.

Doch wie immer, wenn sich Deutsche zum Holocaust äußern, wird irgend etwas falsch. So auch bei diesem Antrag der SPD. Bereits im ersten Satz ihrer „Leitlinien“ sprechen Duve und Vergin vom Erbe zweier Diktaturen. Einen Absatz später erläutern sie: „Wir müssen der Opfer des Stasi-Staates ebenso gedenken wie der des Nazi- Terrors.“ Zwar räumen sie ein: „Vergleichen wird notwendig sein, Gleichsetzung verbietet sich.“ Trotzdem nivelliert gerade dieser Vergleich „die Verantwortung vor unserer Geschichte“, die sie doch eigentlich betonen wollen. Bascha Mika