Poesie vor Kran und Schiffsbauch

■ Movimientos: Angels Margarit erobert mit Grevenhofkai ein Stück Hafen für den Tanz

: Angels Margarit erobert mit Grevenhofkai ein Stück Hafen für den Tanz

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2åWolkenfetzen und Wolkentürme, durch die sich nach dem Regen einige Sonnenstrahlen mogelten, eine frische Brise, die kreischende Möwen herumwirbelte - der Himmel über dem Hafen ließ an Dramatik nichts zu wünschen übrig, als am Freitag abend eine Barkasse vollgeladen mit Theaterpublikum vom Hafentor ablegte. Durch die sanfte Dünung der Elbe tuckerte das Schiffchen zum Grevenhofkai, dem Austragungsort eines Tanzstückes der katalanischen

1Choreografin Angels Margarit.

Nach ihrem Gastspiel mit der Gruppe Mudances 1988 und ihrer Solo-Performance Atlantic 306 vor zwei Jahren, hat Margarit nun in sechs Wochen mit zwei Tänzerinnen, zwei Tänzern und dem Hamburger Musiker Matthias Clasen eine Choreografie für den ungewöhnlichen Ort entwickelt.

Seit einer Hafenrundfahrt bei einem Hamburgbesuch hatte die aus der Hafenstadt Barcelona stammende Choreografin die Idee im

1Kopf, dem Hafen eine Choreografie zu widmen. Movimientos 92 machte es möglich und nun fährt eine Barkasse dreimal täglich hinaus zum Grevenhofkai, dem Ort des Geschehens, der der Choreografie den Namen gab.

Sparsam ergänzte Margarit die Kulisse am Kai: Vier Eisblöcke schmelzen langsam und geben die in ihnen eingefrorenen Plastikgeranien frei, einige Südfrüchte liegen neben dem Bein eines Lastkrans. Es tönt wie Nebelhörner, als die Musikerin und die beiden Musiker ihren Sopran-, Tenor- und Altsaxophonen Wärme einblasen. Skurrile Tonreihen heben an, zu denen sich wie beiläufig die Tänzerinnen und Tänzer gesellen. Auf dem Fahrrad kommen zwei gefahren, ein anderer beginnt spielerisch mit einigen Apfelsinen zu jonglieren. In Straßenschuhen wirbeln sie über den Asphalt, tanzen Szenen des Wiedersehens, des Abschieds, tanzen eine von Macho-Ritualen untermalte Kumpelei unter Hafenarbeitern und zweie sitzen idyllisch nebeneinander auf dem Poller, gemeinsam in die Ferne blickend. Federleicht schwingen sie in ihren schweren Schuhen umeinander, stupsen sich, umarmen sich und der Wind verweht ihre Kleider und umgibt ihre Bewegungen mit einem seltsamen Hauch von Wirklichkeit.

In einem Bulli kommen „echte“ Hafenarbeiter von der Schicht zurück und passieren die ungewohnte Szenerie. Angels Margarit, die ihre Truppe aus einigem Abstand beobachtete, hat mit Grevenhofkai wieder etwas spürbar werden lassen, was in der Alltagskulisse des Hafens und in Zeiten entrechteter Zweitregister-Matrosen verlorenging: Die menschliche Dimension. Julia Kossmann

Abfahrt Hafentor 18, 18.30 und 19.30 Uhr, bis zum 27.8.