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Bremen sanieren mit 10,1 Milliarden

■ Ampel-Koalition „einstimmig“ für Sanierungskonzept / 34 Seiten für Bonn

Einstimmig, so versicherte Bürgermeister Wedemeier, habe der Senat der drei Ampel-Parteien in Anwesenheit der Fraktionsvorsitzenden am Samstagabend das 34seitige Sanierungsprogramm für Bremen beschlossen, das er am Sonntag der Presse vorstellen konnte. Nun gehe es darum, öffentlich in Bremen darüber zu beraten, um schließlich „so viele wie möglich hinter diesem Konzept zu vereinen“. Insbesondere denkt er da an Kammern, Gewerkschaften und Verbände, aber auch an die CDU-Opposition.

Akzeptanz in der Bevölkerung braucht das Papier auch, weil da nicht nur der Wunschzettel an Bonn (8,3 Milliarden entschuldung, 1,8 Milliarden Investitionsprogramm bis 1997) aufgeschlüsselt wird, sondern auch die sog. „Eigenbeiträge“ Bremens. Und das sind weitere Sparmaßnahmen, die im öffentlichen Dienst eine jährliche Sparquote von 1,5 Prozent der Stellen bedeuten. Da die normale Fluktuation ca. 3 Prozent beträgt, dürfte bei keiner Neueinstellung von außen nur jede zweite frei werdende Stelle neu besetzt werden. Das gehe natürlich nicht pauschal, versicherte Finanzsenator Kröning, sondern nur durch gezielte politische Entscheidungen, in welchen Bereichen Personal abgebaut werden könnte. Ein Stichwort war die Privatisierung der Arbeit des Hochbauamtes.

Aber auch bei den Sachausgaben soll weiter gespart werden, schon mit den Vorbereitungen für den in dieser Woche dem Parlament vorliegenden Doppelhaushalt 1992/93 geht Bremen „bis an die Grenze des Zumutbaren und Zulässigen“. Während im Bundesdurchschnitt die Stellen im Öffentlichen Dienst zwischen 1980 und 1990 um 6 Prozent angewachsen sind, sanken sie in Bremen um 10 Prozent. Und auch die Investitionen werden 1992 nur noch 875 Millionen betragen, 120 Millionen weniger als 1991. 1993 sollen sie noch einmal um 60 Millionen sinken.

Und dann würde ab 1994/5 gar nichts mehr gehen, wenn die Finanzhilfe nicht kommt, zu der Bund und Länder zum Erhalt des Föderalismus verpflichtet sind, wie das Bundesverfassungsgericht am 27. Mai urteilte.

700.000 Mark Nachzahlungen und 7,6 Milliarden dazu sollen bis 1997 aus der Bund-Länder-Kasse kommen, findet der Bremer Senat. Dann hätte Bremen das Schlußlicht im Ländervergleich der Verschuldung, Schleswig- Holstein, erreicht.

Gleichzeitig soll ein zusätzliches Investitionsprogramm von 1,8 Milliarden die Steuerkraft Bremens nachhaltig erhöhen, damit Bremen ab 1997 „nicht mehr Kostgänger der anderen Länder“ ist, wie Bürgermeister Wedemeier formulierte. Bremen würde dann im Rahmen der üblichen Länderfinanzausgleichs- Zahlungen wieder eigenständig wirtschaften kpönnen, korrigierte Kröning vorsichtig.

Umweltsenator Ralf Fücks (Grüne) erklärte, das Sanierungskonzept müsse überzeugend nach zwei Seiten wirken: nach innen, weil die bremische Bevölklerung die weitere Sparpolitik nur hinnehme, wenn das Programm überzeugend sei und ein „Licht am Ende des Tunnels“ absehbar, und nach außen, weil Bund und Länder zahlen müßten.

Ihm war es deshalb besonders wichtig, daß das Investitionskonzept „kein Tiefbauprogramm“ wurde. Die Wirtschaftskraft soll gestärkt werden, also auch die Steuerkraft, aber auch Dienstleistungsfunktionen und Umweltqualität sollen verbessert werden. Nicht zuletzt sei, so sekundierte Wedemeier, die Kultur ein „weicher Standortfaktor“ und soll auch bedacht werden. Das Konzept sei ein „moderner Strukturwandel“ für Bremen, der ökologische Aspekte umfaßt, versicherte Fücks, eben eine „intelligente Modernisierung“.

Wie in Bonn mit den bremischen Vorstellungen umgegangen wird, weiß bisher niemand. „Es gibt noch kein Signal des Bundes“, meinte Finanzsenator Kröning, „wir erwarten äußerst schwierige Verhandlungen auch den Ländern.“ Wedemeier möchte nach dem BVerfG-Urteil eine „faire Behandlung durch den Bund und die Länder“. Für Bremen jedenfalls gebe es „keine Alternative“. K.W.

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