„Ich will das nicht glauben“

■ NPD-Mitglied Bosecke und die Greul der Nazi-Zeit

Ab und an rutscht Gerda Bosecke das Wort „Kamerad“ oder „nationales Lager“ heraus. Sie ist 1987 nicht nur in die DVU, sondern auch in die NPD eingetreten. Als Arbeiterin, deren Rente heute nicht reicht, sieht sie nicht ein, daß in Deutschland so viel Geld für falsche Asylbewerber ausgegeben wird. Was sie nicht als Ausländerfeindlichkeit mißverstanden haben will: Wer vor ihrer Tür steht, dem hilft sie. Auch Ausländern.

Ihre Probleme mit der Stasi hat sie als Maschinenarbeiterin an der Stanzpresse in einem Alu- Werk in Rackwitz bekommen. „Meine Familie ist keine Ja-Sager-Familie, sondern eine sehr stolze Familie“, erklärt sie.

Wie kann eine selbstbewußte Frau nach dem Nationalsozialismus in die NPD gehen? Als Mädchen (geboren 1927) hat sie den Nazi-Staat erlebt wie andere auch. Als sie, 12jährig, ihren Vater auf offensichtliche Judendiskriminierung ansprach, habe der gesagt: „Es ist besser, diese Dinge nicht zu lesen.“ Sie erinnert sich an einen jüdischen Lehrer, „der mir sehr viel Gutes getan hat“ und dann plötzlich verschwunden war. Einmal hatte sie ein Exemplar des „Stürmer“ mitgebracht, der Vater schimpfte: „Dieser Dreck der bleibt hier aus dem Hause raus.“

Auch an die letzten Jahre des 3. Reiches kann sich Gerda Bosecke gut erinnern, keineswegs unkritisch. Nach 1945 sei sie wie viele andere gezwungen worden, englische und US-Filme über Nazigreul zu sehen. Weinend sei sei aus dem Kino gelaufen und habe gesagt: „Ich schäme mich, eine Deutsche zu sein.“ Viele andere Frauen auch. Die 65jährige ist heute noch erschüttert bei der Erinnerung an diese Bilder: „Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir Deutschen das gemacht haben. Das kann doch nicht möglich sein, daß Menschen mit Menschen so umgehen.“ Sie spricht von gefälschten Bildern, die es auch gab. Sie flüchtet sich in die Vorstellung von „Kapitalisten“ und „Finanzmagnaten“, die solche Geschichten vielleicht erfinden und verbreiteten. Auf die Frage nach den Gaskammern wird sie heftig, erregt, bis ihre Stimme fast in Tränen erstickt: „Ich kann es mit nicht vorstellen. Ich will das nicht glauben. Ich kann es mir nicht vorstellen, weil ich ein Mensch bin, der sehr mitleidig ist. Ich kann ja kaum eine Fliege töten, weil ich mich vor dem Knacks fürchte. Ich kann nicht sagen: Ich glaube daran. ich will nicht daran glauben., daß das passiert ist. Ich kann es nicht — dann hänge ich mich auf, wenn das wirklich passiert ist. Wenn es sowas wirklich gegeben hat, hänge ich mich auf. Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich werde nicht behaupten, es hat Gaskammer gegeben, ich weiß es nicht und ich will es nicht glauben. Ich würde daran kaputtgehen ... Wenn ich mir das nur vorstelle... Nee, da drehe ich durch.“