MIT DEM ALPENVERKEHR AUF DU UND DU
: Brummis raus, Züge rein

■ Im Alpentransit gewinnt die Bahn Marktanteile

Berlin (taz) — Langsam aber beständig erklimmt die Bahn die Alpenpässe: Der Verkehrsträger Bahn hat im Alpentransit 1991 den Brummis erstmals seit Jahren Marktanteile abnehmen können. Während die Brummis 3,3 Prozent weniger Waren durch die Alpen kutschierten, stieg die Tonnage der Bahn gleichzeitig um 3,5 Prozent an. Von den fast 93 Millionen Tonnen Gütern, die übers Gebirge von und nach Italien geschafft werden, trägt die Bahn 33,4 Prozent und der Straßenverkehr 34,5 Prozent. Zum Vergleich: In der Bundesrepublik transportierte die Bahn 8,8 Prozent aller Waren. Größter Gewinner der vergangenen Jahre war allerdings die Seefahrt. 32,5 Prozent aller Güter finden auf dem Wasser ihren Weg nicht über die Alpen, sondern um die Alpen herum.

Der hohe Anteil des Bahntransports geht auf schweizerische Hartnäckigkeit zurück. Die Schweizer halten nach wie vor an der Regel fest, über ihre Alpenpässe nur Laster mit maximal 28 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht rollen zu lassen. Weil aber die meisten europäischen Brummis heute schon 40 Tonnen schwer sein dürfen, muß die LKW-Flotte die eidgenössischen Kantone umfahren, oder einzeln als Ladung auf Zugtrailer rollen.

Wie wichtig die Schweizer Pro- Bahn-Politik für die Gesamtbilanz des Alpenverkehrs ist, zeigt der Vergleich der Schweiz mit den beiden Alpennachbarn Österreich und Frankreich. Brummis transportierten 1,74 Millionen Tonnen Güter durch die Schweizer Berge. Gleichzeitig fuhr fast achtmal so viel Fracht, nämlich 14,83 Millionen Tonnen, auf der Bahn über die Pässe. Der Bahntransport stieg in einem Jahr um 920.000 Tonnen, der Transport per LKW dagegen nur um 130.000 Tonnen.

Ganz anders im benachbarten Österreich und in Frankreich: Vor allem die Tiroler müssen den Ruß einer nicht endenden LKW-Karawane schlucken. Über 30 Millionen Tonnen Güter rollten in Millionen Lastern über den Brenner und durch die französischen Alpen. Gleichzeitig waren die Waggons der österreichischen Bundesbahn und der französischen Bahn nur mit knapp über 16 Millionen Tonnen Fracht beladen, wenn sie sich die Alpenpässe hinaufquälten.

Die Eidgenossen wollen massiv in die Erweiterung ihrer Bahnstrecken investieren. Das müssen sie auch, wenn die Entwicklung so weitergeht. Denn trotz des 28-Tonnen-Gebots und der Nacht- und Sonntagsfahrverbote werden heute 58mal mehr Waren per LKW durch die Schweizer Alpen geschafft als 1965. Hermann-Josef Tenhagen